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Achtsamkeit & Meditation

Der Yoga-Boom hat viele Studios entstehen lassen. Mitunter mangelt es jedoch an der Unterrichtsqualität – das erhöht die Verletzungsgefahr. Um mehr zu erfahren, haben wir mit der deutschen Yogalehrerin Marion Neises gesprochen. 

Durch eine Studie, die im ‚Orthopaedic Journal of Sports and Medicine‘veröffentlicht wurde, ist bekannt geworden, dass sich die Zahl der durch Yoga verursachten Verletzungen zwischen 2001 und 2014 fast verdoppelt hat. Eine Forschergruppe der University of Alabama hatte mehrere Hundert Verletzungen von Menschen aller Altersgruppen dokumentiert und die Hintergründe wissenschaftlich aufgearbeitet und analysiert. Demnach sei mangelnde Achtsamkeit der Hauptgrund für die vielen Verletzungen im Yoga. Unzureichende Achtsamkeit könne sowohl vonseiten des Schülers selbst als auch vonseiten des Lehrers ausgehen, so die Studie.

Die deutsche Yogalehrerin Marion Neises bildet seit Jahren Yogalehrer in einer zweijährigen Modulausbildung mit einem Achtsamkeitsschwerpunkt aus. Denn in der Praxis macht sich die in der Studie beanstandete mangelnde Achtsamkeit oft dadurch bemerkbar, dass die Praktizierenden über ihre Grenzen hinausgehen.„Manch einer will in Positionen kommen, die Bänder und Gelenke noch nicht zulassen“, so Neises, die vor fünf Jahren in Deutschland die WAY Europäische Akademie für Yoga und ganzheitliche Gesundheit gegründet hat. In der WAY Akademie bilden sie und ihr Team weltweit und neuerdings auch in Österreich deshalb im ersten Modul der Ausbildung zunächst zum Hatha-Yogalehrer aus, um die Asanas erst einmal statisch richtig ausgerichtet zu lernen. Erst in den folgenden Modulen wird Vinyasa oder – in der Ashtanga-Yogalehrer-Ausbildung – Ashtanga gelehrt. „Ein Grund, warum sich viele Teilnehmer im Yoga verletzen, ist, dass sie direkt in die dynamischen Yogaformen einsteigen und deshalb nie gelernt haben, die Muskeln und Gelenke so auszurichten, dass sie sich über die Jahre nicht verletzen.“ Genau darauf macht die Studie aufmerksam. Yoga besteht nicht nur aus Körperübungen und sollte immer mit einer Achtsamkeitspraxis einhergehen, sonst ist es kein Yoga, sondern Fitness. Wichtig ist die richtige Kurswahl. Anfänger sollten wirklich Anfängerkurse besuchen und sich nicht, weil sie vielleicht aufgrund einer anderen sportlichen Betätigung sehr fit sind, gleich für fortgeschrittene Kurse entscheiden. „Das kann spätestens beim Pranayama, den Atemübungen, problematisch werden, denn der Körper muss langsam darauf vorbereitet werden. Lange Atem verhaltungen können bei unerfahrenen Menschen zu Herz-Kreislauf-Problemen und im schlimmsten Fall zu Hirnschädigungen führen“, so Neises weiter.

Yoga: Nie ohne AchtsamkeitEs ist also wichtig, dass der Yogapraktizierende sich vor der Wahl des Yogakurses oder der Yogalehrer-Ausbildung gut informiert, welchem Yogalehrer er sich anvertraut und welcher Stil am besten zu ihm passt. „Es ist vor allem wichtig, dass der Yogalehrer eng an seinem Schüler arbeitet und ihn mit Assists, das heißt, mit seinen Händen, in seiner Haltung so korrigiert, dass er richtig ausgerichtet ist“, sagt Neises, die in ihren Kursen und Ausbildungen besonderes Augenmerk auf Achtsamkeit und die genaue Ausrichtung der Übungen legt. Dass Yogaschüler oftmals schlecht angeleitet werden, kommt durch unzureichend ausgebildete Yogalehrerzustande, darauf deutet die Studie auch hin. Der Beruf des Yogalehrers ist nicht geschützt, zahlreiche Yogalehrer arbeiten sogar ohne Ausbildung. Ein vollständiges Yogalehrerzertifikat – kein Basiszertifikat –mit 100 Stundenerhält man mancherorts schon in fünf Tagen.„Eine seriöse Ausbildung sollte zwischen zwei und drei Jahren dauern“, so Neises, „und sollte das Wissen über präzise Ausrichtung der Übungen und Achtsamkeit in der Ausführung sowie medizinische, philosophische und pädagogische Ausbildungsthemen beinhalten.“


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 100: „Sexualität und Achtsamkeit"

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Nach Vorgaben der Krankenkassen in Deutschland muss ein Yogalehrer mindestens 500 Ausbildungsstunden innerhalb von mindestens zwei Jahren absolvieren. Auch die Berufsverbände – wie in Österreich der BYÖ oder in Deutschland der BDY – verlangen eine zweijährige Ausbildung mit mindestens 500 Stunden, um sich dort als Mitglied registrieren zu können. Die weltweite Yoga Alliance AYA teilt die Ausbildung in zwei Etappen: Nach 200 Stundenbekommt ein Absolvent das Zertifikat ‚Yogalehrer 200h AYA‘, nach weiteren 300 Stunden den Status ‚Yogalehrer 500h AYA‘. Wer Yoga machen will, sollte also immer darauf achten, dass der eigene Yogalehrer eine mindestens 200- bis 500-stündige Ausbildung von einem zertifizierten Institut vorzuweisen hat. Vor allem sollte der Yogalehrer mit seiner Aufmerksamkeit bei den Schülern sein und nicht selbst in der Yogastunde permanent mitpraktizieren.

Ester Platzer, 1979, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.
Bilder © Pixabay
Ester Platzer

Ester Platzer

Ester Platzer, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.
Kommentare  
# Uschi Billmeier 2019-07-21 15:25
200 stunden finde ich sehr wenig. Eine eigene jahrelange Praxis vor der Ausbildung und eine 4 jährige Ausbildung halte ich für angemessen...
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# Manuela Meitinger 2019-07-21 16:03
Ich kenne eine sehr gute yogalehrerin, die keine hands on machen möchte. Bei ihr wird man aber perfekt verbal durch die Stunde geführt und steht/sitzt/liegt immer richtig!
Mein Gefühl ist, auch im Yoga darf mehr Leichtigkeit sein und nicht nur strenge Regeln. Man bekommt ja oft den berühmten Patanjali-Satz dazu gesagt, darf sich dann aber nicht mehr in der Haltung bewegen. Macht zumindest für mich keinen Sinn.
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