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Ist der Mensch sich selbst am nächsten und stets auf seinen Vorteil bedacht? Wie selbstsüchtig sind wir? Die meisten Menschen antworten auf die Frage, ob sie einen gefundenen Geldschein zurückgeben würden, mit ‚Vielleicht‘. Denn wir alle haben sowohl egoistische als auch altruistische Anteile in uns.

Altruismus ist ein Privileg des Menschen. Die Frage nach gutem und bösem Handeln stellt sich nur für den Menschen, nicht für das instinktgeleitete Tier. Nur der Mensch kann das eigene Verhalten beurteilen und hat einen inneren moralischen Fahrplan. Darwin ging von einem Kampf gegeneinander und dem Bestreben nach dem eigenen Überleben aus. Er hat Egoismus als vorherrschendes Prinzip in der Biologie bestimmt. Die heutige Forschung stuft inzwischen kooperative Mechanismen als die Grundlage für Entwicklung ein. Nicht bloß der Erhalt des Erbguts treibt uns an. Wir alle werden in Abhängigkeit(en) geboren und sind auf liebvolle Fürsorge, insbesondere in der Kindheit, angewiesen.

 

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Unsere Hilfsbereitschaft wird durch viele Faktoren bestimmt. Haben wir zu wenig Zeit, helfen wir möglicherweise nicht. Das Wechselspiel zwischen altruistischem und egoistischem Verhalten hängt vom moralischen Selbstbild ab. Haben wir das Gefühl, schon viel Gutes getan zu haben, folgt meist eine Zeit, in der wir weniger bemüht um andere sind. Wenn wir aber helfen, dann auch Menschen, die wir womöglich nie wiedersehen. Mit altruistischem Handeln stabilisieren wir unbewusst das gesellschaftliche Miteinander. Andererseits blenden wir das Leid anderer aus einem natürlichen Schutzmechanismus heraus aus, um auf eigene Bedürfnisse achten zu können, beispielsweise wenn wir Waren, die in Billiglohnländern produziert wurden, kaufen.

 

Das Gefühl, beobachtet zu werden, ist ein starker Motivator für altruistisches Verhalten.

 

Wir wollen als guter Mensch wahrgenommen werden. Wir inszenieren uns selbst, um vor anderen gut dazustehen, denn unser Ruf ist uns wichtig. Soziale Werte und Normen prägen uns von klein auf. Bei Regelverstößen fühlen wir uns schuldig, wir versuchen, Bestrafung oder gesellschaftlichen Ausschluss zu vermeiden. Konformität ist das Kernmerkmal einer kulturellen Gruppe, wir passen uns konventionellen und moralischen Normen an.

Altruistisches Handeln gibt es in allen Kulturen, doch tritt es in unterschiedlicher Weise zutage. Nur wer sich in sein Gegenüber hineinversetzen und das Leid anderer spüren kann, ist in der Lage, altruistisch zu handeln. Empathie ist die Fähigkeit, die Gefühle anderer Personen wahrzunehmen. Mitgefühl ist die nächsthöhere Stufe und geht mit dem Impuls zu helfen einher. Altruistisches Handeln löst Glücksgefühle in uns aus, weil dadurch im Körper die gleichen Stoffe ausgeschüttet werden wie bei sozialer und körperlicher Nähe, vor allem die Energiedroge Dopamin, körpereigene Wohlfühlbotenstoffe (Opioide) und das Vertrauens- und Liebeshormon Oxytocin. Der Altruismus als Fähigkeit, andere wahrnehmen und ihnen helfen zu können, ist ein Grundgerüst unserer Gesellschaften. Die Vielfalt an Kulturen, Nationalitäten und Religionen macht ihn nicht einfach, aber wesentlich.

All jenen, die sich näher für das Thema interessieren, sei die dreiteilige Dokumentation ‚Altruismus vs. Egoismus‘ empfohlen. Die DVD ist 2014 bei INTER/AKTION erschienen und im Handel erhältlich!

Katharina Kleinrath

Katharina Kleinrath

Katharina Kleinrath lebt in Wien und hat Religionswissenschaften mit Schwerpunkt Indologie an der Universität Wien absolviert und mehrere Jahre Seminare zu den Weltreligionen, zu Achtsamkeitsmeditation sowie den Masterlehrgang „Spirituelle Begleitung in der globalisierten Gesellschaft“ an der D...
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