Leichtfüßig schreitet das kleine Mädchen am Morgen durch das hohe Gras, dem hellen Licht der Sonne entgegen. Es trägt ein leuchtend blaues Kleid aus zartem Stoff. Neben ihm, seinen Rüssel schwenkend, läuft ein weißer Elefant. Er ist noch jung. Die Schultern der beiden berühren sich, sie scheinen sehr vertraut. Im goldenen Licht der Sonne lösen sich ihre Gestalten allmählich auf.
Dann treten sie wieder deutlich hervor. Das Mädchen ist nun kein Kind mehr. Sein Körper zeigt die beginnenden Rundungen einer jungen Frau. Leicht liegt ihre Hand auf der festen Haut des Elefanten, der gemächlich schreitend, nun in voller Größe, neben ihr geht. Noch ist es nicht Mittag und die Luft angenehm frisch. Die beiden gehen dem Waldrand entgegen. Dort, an den Stamm eines weit verzweigten Banyanbaumes gelehnt, spielt ein junger Mann gedankenverloren auf einer Bambusflöte. Melodisch klingen ihnen die Töne entgegen. Er beendet sein Spiel, als sie ihn erreichen. Gemeinsam betreten sie einen ausgetrockneten Pfad, der sie unter uralten Bäumen in den Wald hineinführt.
Als sie ihn durchschritten haben, treten sie auf eine Lichtung heraus. Die junge Frau hält jetzt ein kleines Mädchen an der Hand, dessen Gesichtszüge den ihren gleichen. Der Mann an ihrer Seite spricht lachend mit einem Jungen, der hüpfend neben ihm geht. Mann und Frau reichen sich ebenfalls die Hände und schauen voller Freude auf die Kinder. Es ist Mittagszeit. Sie legen Tücher um Kopf und Schultern, um sich vor der Sonne zu schützen. Hinter ihnen läuft mit langsamen Schritten der weiße Elefant, seinen Rüssel sacht bewegend. Ein großer Beschützer. Nun hebt der Mann die Kinder auf seinen Rücken. Ruhigen Schrittes bewegt sich die Gruppe in Richtung eines Sees, der halb versteckt in einem schattigen Hain liegt.
Die Frau und der Mann treten an das mit Kieselsteinen übersäte Ufer des Sees. Liebevoll stützen sie einander. Kleine Wellen umspielen die müde gelaufenen bloßen Füße. Der Wind streicht über die ergrauten Haare. Die Nachmittagssonne blendet ihre Augen. Aus der Mitte des Sees dringen helle Rufe. Dort vergnügen sich ihre Kinder und Enkelkinder im Wasser. Mitten unter ihnen der weiße Elefant, vergnügt trompetend. Unermüdlich nimmt er mit seinem Rüssel Wasser auf, um es über sich und die jauchzenden Kinder zu sprühen. Halb verborgen hinter dem See liegt ein Tempel aus hellem Sandstein.
Die Dämmerung bricht langsam herein, als die Frau leicht gebeugt alleine vor der geschlossenen Eingangstür des Tempels steht, durch die schon manch einer ihrer Liebsten gegangen ist. Sie fühlt sich ruhig und bereit, spürt den weißen Elefanten neben sich. Sie nimmt Abschied von ihm und betritt den Tempel. Jetzt kann der Freund sie nicht mehr begleiten. Er bleibt alleine in der schnell aufkommenden Dunkelheit der Nacht und ihrem Sternenlicht zurück.
Am hell erwachenden Tag finden sich viele Menschen vor dem Tempel ein, klagen und weinen. Eine schlichte Bahre wird herausgetragen. Auf ihr liegt ein kleines Mädchen in einem leuchtend blauen Kleid aus zartem Stoff. Viele bunte Blütenblätter sind darüber verstreut, verbreiten einen süßen Duft. Langsam schweben einige zu Boden. „Warum musstest du uns schon so früh verlassen?“, schluchzt eine weinende Frau. „Du hattest doch dein ganzes Leben noch vor dir!“
Ein junger weißer Elefant steht inmitten seiner Herde. Sanft bewegt er seinen Rüssel, dann löst er sich aus seiner Gruppe und trabt zum Eingang des Tempels. Keiner schenkt ihm Beachtung. Die große Tür liegt im gleißenden Sonnenlicht. So bemerkt niemand, dass sie sich plötzlich einen Spalt breit öffnet. Eine kleine Gestalt in einem leuchtend blauen Kleid aus zartem Stoff huscht heraus. Bunte Blütenblätter rieseln von ihrem Kleid herab, lassen zu ihren Füßen einen farbenfrohen Teppich entstehen, über den sie leichtfüßig schreitet. Ein süßer Duft umgibt sie und ihre blassen Wangen beginnen sich sanft zu röten. Sie eilt auf den weißen Elefanten zu, legt zärtlich ihre Hand auf seine Flanke und flüstert: „Komm, wir gehen zurück ins Leben!“