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Positive Geisteszustände in dauerhafte neuronale Strukturen zu verwandeln, um im Alltag freudiger und glücklicher zu sein.

Wer kennt das nicht? Am Ende des Tages sind wir eher bekümmert über das, was wir nicht erledigt haben, statt erfreut über das, was wir geleistet haben. Warum fällt es uns so schwer, das Gute wahrzunehmen? In der Psychologie wird diese hartnäckige Angewohnheit mit dem Begriff der „Negativitätstendenz“ beschrieben: Der Mensch ist gut darin, aus schlechten Erfahrungen zu lernen, aber schlecht darin, aus guten Erfahrungen zu lernen. Im Laufe der Evolution hat das dem Überleben gedient. Aber heutzutage belastet es das Wohlbefinden. Daher ist es hilfreich, sich bewusst auf das Positive zu konzentrieren. Zum Beispiel indem man mit Dankbarkeit immer wieder an seine kleinen Erfolge denkt.

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen, dass die Erfahrungen, Gedanken und Gefühle Einfluss auf die Struktur des Gehirns haben. Diese grundlegende Formbarkeit des Gehirns wird als Neuroplastizität bezeichnet. Und das sind gute Neuigkeiten! Wir können unseren Geist bewusst einsetzen, um unser Gehirn zu verändern und damit die Grundlage für ein zufriedenes Leben gestalten. Die positive Neuroplastizität konzentriert sich darauf, solche positiven Geisteszustände zu kultivieren und alltägliche Erfahrungen mit ihnen in anhaltende innere Stärken zu verwandeln. Zu diesen Stärken gehören zum Beispiel innere Sicherheit, Mitgefühl, Handlungsfähigkeit, Dankbarkeit und das Gefühl, gemocht zu werden. Das bewusste Verinnerlichen solcher psychologischen Ressourcen hilft beim Umgang mit Herausforderungen und unterstützt das geistige Wohlbefinden.

Die Fähigkeit, eine positive Erfahrung selbst zu erschaffen, ist eine wichtige psychologische Fähigkeit.

Wenn wir wissen, wie wir solche positiven Eigenschaften entwickeln können, dann sind sie tief in uns verwurzelt. Wir nehmen sie überall hin mit – wie Vorräte in einem Rucksack auf dem langen und manchmal harten Weg des Lebens. Der effektivste Weg, positive Eigenschaften zu entwickeln, ist die geschickte Verwendung positiver Geisteszustände. Positive Geisteszustände sind angenehme Erfahrungen. Es ist leicht, angenehme Erfahrungen als trivial oder oberflächlich abzutun. Tatsächlich sind sie aber die Grundbausteine innerer Stärke. Wenden wir uns von ihnen ab, dann wenden wir uns auch von der wichtigsten Möglichkeit ab, innere Stärken zu entwickeln.

Wir können sogar bestimmte innere Stärken entwickeln, die auf gewisse Herausforderungen ausgerichtet sind. Dankbarkeit hilft zum Beispiel bei Unzufriedenheit, innere Sicherheit bei Angst, und das Gefühl, gemocht zu werden, bei Einsamkeit. Dieses gezielte Entwickeln von inneren Stärken ist schon einmal eine tolle Sache. Aber noch wichtiger ist, die allgemeine Fähigkeit zu erlernen, um positive Geisteszustände in dauerhafte neuronale Strukturen zu verwandeln. Dadurch werden wir besser darin, besser zu werden – als hätten wir die Superkraft der Superkräfte gefunden.

500mal250 Johnson c unsplash Gehirn

Wie lernt das Gehirn, sich zu verbessern? Für das Gehirn bedeutet Lernen nichts anderes als die Veränderung von neuronalen Strukturen und Funktionsweisen: Wiederholte geistige Aktivität führt zu wiederholter neuronaler Aktivität, wodurch sich neuronale Strukturen bilden. Lernen vollzieht sich also in zwei Stufen: vom aktivierten Zustand zum gefestigten Merkmal. Konkret bedeutet das, dass innere Stärken aus Erfahrungen dieser aktivierten Geisteszustände erwachsen, welche dann als Merkmale gefestigt werden. Wir werden dankbarer durch das wiederholte Festigen von Erfahrungen der Dankbarkeit. Wir werden mitfühlender durch das wiederholte Festigen von Erfahrungen von Mitgefühl. Die meisten Erfahrungen von inneren Stärken sind zwar angenehm, aber ohne ihre Festigung in dauerhafte neuronale Strukturen findet kein Lernen statt. Aktivierung ohne Festigung ist angenehm, hat jedoch keinen bleibenden Wert. Welcher Bruchteil unserer positiven Zustände verwandelt sich in neuronale Strukturen?

Wir können unserem Gehirn helfen, sich zum Positiven zu verbessern, indem wir die drei Schritte beim Aufnehmen des Guten praktizieren: eine positive Erfahrung zu haben, sie zu erweitern und sie aufnehmen. Oder einfach gesagt: eine positive Erfahrung zu erleben und sie zu genießen. Das klingt zunächst vielleicht etwas technisch. Aber es ist ein natürlicher Prozess, den jeder bereits beherrscht. Im Alltag erleben wir üblicherweise bereits eine positive Erfahrung, die wir dann erweitern und aufnehmen können. Aber wir können positive Erfahrungen auch absichtlich erschaffen, zum Beispiel indem wir aus guten Tatsachen gute Erfahrungen werden lassen. Die Fähigkeit, eine positive Erfahrung selbst zu erschaffen, ist übrigens eine wichtige psychologische Fähigkeit. Und sie wird dabei helfen, am Ende des Tages mit Dankbarkeit anstelle von Kummer schlafen zu gehen. Und das viele Gute im Leben bewusster wahrzunehmen und in uns aufzunehmen.

Das Gute in sich aufnehmen: Dankbarkeit.

Erster Schritt: Mache eine positive Erfahrung. Denke an etwas in deinem Leben, über das du froh oder dankbar bist. Das kann ein andauernder Umstand sein oder ein gegenwärtiges Ereignis. Dabei zählen auch scheinbar kleine Sachen. Vielleicht ist kürzlich etwas Schönes passiert, oder du hast etwas abgeschlossen, was dir ein befriedigendes Gefühl verschafft hat. Wenn du so etwas identifiziert hast, versuche, das Wissen um diese gute Tatsache zu einer positiven Erfahrung werden zu lassen.

Zweiter Schritt: Wenn du eine positive Erfahrung machst, und sei es auch nur eine kleine, dann erweitere sie. Verweile dabei. Lass sie andauern. Halte deine Aufmerksamkeit darauf ausgerichtet. Öffne deinen Körper dafür und lass sie zu einer umfassenden Erfahrung werden. Versuche, ganz ohne Stress und Anstrengung, sie noch umfassender und noch intensiver werden zu lassen.

Der dritte Schritt, der sich mit dem zweiten überschneidet: Nimm die Erfahrung auf. Beabsichtige und spüre, dass sie in dich eindringt. Wie Wasser in einen Schwamm oder wie ein Juwel in die Schatztruhe deines Herzens. Während du in sie einsinkst, sinkt sie in dich ein. Und nimm wahr, wie du dich gerade fühlst.

 
Dennis Johnson ist Kursleiter für achtsamkeitsbasierte Verfahren und Dozent am Hochschullehrgang Achtsamkeit an der KPH Wien/Krems. www.dennis-johnson.com
 
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