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Ich schreibe heute nicht über dieses Thema, weil ich etwas Substanzielles zu sagen hätte, sondern umgekehrt, weil es mir nach so vielen Jahren immer noch Rätsel aufgibt, vielleicht mehr denn je.

Zustände erlebe ich, mit dem nicht endenden Krieg „um die Ecke“, den Folgen von Corona, der ebenfalls nicht endenden Seuche, der Gewalt von krasser und geförderter Ungleichheit, Angst und Armut, die mich an ausgeklügelten, spirituellen Wegen zweifeln lassen, die nur wenigen zugänglich sind.

Die kleinen Kapellen, die man oft noch in Süddeutschland oder Dörfern sehen kann, in denen man nach dem Betreten gerade ein Dach über dem Kopf hat, sich hinsetzen oder knien kann, eine oder mehrere Kerzen entzünden und Blumen darbieten kann, fehlen mir. Mir wäre es gleichgültig, ob Maria, Kanzeon, Buddha oder Jesus oder ein Kirschblütenzweig mir Mitgefühl und Aufgehobensein vermitteln würden. Jedenfalls wäre es an der Zeit, auch an die anderen Religionen zu denken, die in unserem Land vertreten sind, sodass man vielleicht auf das Kreuz verzichten könnte, an dem sich viele jüdische Menschen stören würden.

Was ich sagen möchte, ist, dass wir, obwohl wir vermeintlich im Frieden leben, ein derartiges Ausmaß an gesellschaftlicher Unsicherheit und kaum im Zaum gehaltener Angst, Niedergeschlagenheit und Sorge erleben, und was ist das anderes als Schmerz? Dabei sind wir gehalten, irgendwie weiterzumachen, jeder auf seine Weise: Kinder sind zu versorgen und zu motivieren, Teenager brauchen neue Freiräume und neue Grenzen, Großeltern und alte allein Lebende haben ihre ganz eigenen Probleme zu lösen, und alle haben Angst um Arbeitsplätze, als Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Viele meiner Gruppen sind ausgefallen oder sehr klein geworden. Ich verdiente einst mein Einkommen mit Gruppenarbeit als Pädagogin. Dozentin. Was ich dabei wahrnehme, mag nicht repräsentativ sein, jedoch kümmere ich mich viel stärker als früher um die Einzelnen. Sofern ich kann, sofern es stimmt, sofern ich mitbekomme, was ungefähr los ist.

Ich glaube, DAS ist es, und es ist das Einzige, was wir tun können und vielleicht tun sollen, uns um die Einzelnen kümmern. Auch die – das habe ich stets gesagt und bleibe dabei –, die uns begegnen, vor die Füße laufen, sozusagen. Zeichen können wir aussenden von: Du bist mir wichtig, ich sehe dich. Den Schmerz anerkennen, wenn es geht, lindern. Unser eigener wird dabei gelindert, weil tiefe Begegnungen uns alle nähren.

Buddhismus

Ob wir nun sagen, mich schmerzt dies oder jenes, oder ich leide an … Es bedeutet dasselbe. Und dass Schmerzen chronisch werden können, wissen wir alle: Dass aus Trauer Depression werden kann, aus Fehlhaltungen regelrechte Blockaden entstehen können. Wir können einander nur beistehen, vielleicht zusammenkommen, Gebete abtasten und sehen, ob sie gemeinsam gesprochen werden können, in Stille sitzen oder gehen, eine Kerze entzünden und zuhören. Vielleicht brauchen wir den ganzen Überbau nicht. Mütterlich und väterlich zu allen Wesen sein, dem Leben dienen: Das haben wir doch in den letzten einhundert Jahren verlernt, gering geschätzt. Nicht alle von uns, aber viele.

Gestern las ich in einem Gemeindeblatt der evangelischen Kirche von Hochbeeten in verschiedenen Stadtteilen von Bonn. DAS sind Aktivitäten, die alle verbinden, auch Geflüchtete können sich die niedrigen Preise leisten (wenn sie davon erfahren und einbezogen werden) und vor allem unsere Kinder sehen: Hey, wir können etwas Sinnvolles, Bescheidenes TUN! Unser Gemüse selbst anbauen, mit anderen zusammen! Gibt es etwas Elementareres, als konkrete Nahrung relativ gesund wachsen zu lassen?

Rudolf Steiner hatte dieses Lernfach schon in die Waldorfpädagogik einbezogen: Gartenarbeit, Umgang und Pflege von Tieren, kochen lernen, eine Vielzahl von handwerklichen Fähigkeiten erwerben.

Ich wünsche mir, dass die Religionen in einer Stadt, einer Region, endlich ihre Spitzfindigkeiten aufgeben und zusammenarbeiten. Auch dem Buddhismus tut es gut, sich mit dem, was Familien, alte Menschen, kranke Menschen brauchen, abzugeben und diese Themen nicht den Kirchen zu überlassen. Ich habe von dem Zen-Peacemaker-Meister Bernie Glassman gelernt, wie sich unterschiedliche Religionen an einem Ort wie Auschwitz-Birkenau oder anderen Orten mit Gedenkstätten großen Leidens ausdrücken können: Jeder für sich – und die Teilnehmer wählen aus, an welchem „Gottesdienst“ sie teilnehmen möchten –, aber auch zusammenwirkend. Gelebte Interreligiösität oder Interspiritualität so lebend, stets Frauen, Großmütter und gegebenenfalls Kinder einbeziehend. So auch das Leiden an dieser sinnfreien Gespaltenheit von Kirchen und Religionen reduzierend.

Vielleicht erleben wir bald, dass Lebensmittel im weitesten Sinne rationiert werden müssen – dazu zähle ich Energie, Wasser – und da brauchen wir weise und willige Hände und Köpfe, die in den Nachbarschaften, Stadtteilen altruistisch an einer machbaren und halbwegs gerechten Verteilung mitwirken.

Überflüssiges Leiden: Gibt es das? Ich glaube ja. Wir können darüber nachdenken, wie wir dazu beitragen können, dieses noch dazukommende Elend reduzieren und lindern zu helfen beziehungsweise nicht zuzulassen, dass Elend chronisch wird. Auch bei oder in uns selbst nicht. Bitte helfen Sie mit (und natürlich unterstützt uns unsere gewählte spirituelle Tradition/Religion dabei)!

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Bilder © unsplash

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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