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Was für ein herrliches Wort! Aber noch besser schmeckt es, wenn wir es uns auf der Zunge zergehen lassen: Langmut ist wie „langer Atem“, nur viel poetischer und ethischer.

Einen langen Atem kann ich schließlich auch für Tätigkeiten und Ziele gut gebrauchen, die eigentlich nicht so heilsam sind und mich vom Wesentlichen ablenken: Denken Sie hier an irgendeine Ihrer Leidenschaften, die sie mit Inbrunst pflegen, die aber Ihren edlen Charakter nicht unbedingt ausdrückt.

Im Althochdeutschen, mit dem ich mich ansatzweise abmühte, sprach man von „muot“ und meinte Sinn, Seele, Geist, Gemüt, Kraft des Denkens, Empfindens, Wollens. Mich begeistert diese Aufzählung, weil wir hören, wie die Qualitäten der linken und rechten Gehirnhemisphäre hier zusammenkommen: die linke Seite, eher dem „Großen Weiblichen“ zugeordnet – dem Empfinden, dem Bildhaften und Ganzheitlichen – und die rechte Gehirnhälfte, eher dem „Großen Männlichen“ zugedacht – dem linearen, analytischen, zahlenverbundenen Denken. Natürlich sind die Übergänge fließend, natürlich brauchen wir Menschen, Männer und Frauen, die Fähigkeiten aus beiden Seiten, und dennoch weiß man, dass der Westen sich tendenziell eher dem „Männlichen“ zugewandt hatte, das auf Effektivität ausgerichtet ist, während der Osten seine Stärken aus der anderen nichtlinearen, eher seinsverbundenen Seite zog. Beide Seiten könnten und sollten einander befruchten, und die Sehnsucht vieler, auch vieler junger Menschen, insbesondere von Frauen, nach Yoga, Qigong und östlicher Weisheit drückt sicherlich etwas aus, was bei uns zu wenig Gewicht hat, weil es wenig messbar, unproduktiv ist und vielleicht damit als überflüssig angesehen wird.

Langmut

Langmut hat also beides in sich, das Messbare und Notwendige in „Lang“ und das Qualitative in „Mut“. Deswegen schätze ich dieses Wort so sehr. Geduld und Ausdauer höre ich, Seelenfülle, Empfindungsreichtum … – das ist einfach deutlich mehr als einfach nur Geduld oder einfach nur Ausdauer. Darin liegen all die reichen Zwischentöne, die unserer Sprache, die neben der Digitalisierung sowie der schleichenden Amerikanisierung verkümmert und verblasst, Tiefe und Treffsicherheit verleihen. Damit möchte ich keinesfalls sagen, dass ich den Wunsch, vor allem junger Menschen, nach einer Subkultur und Vereinfachung der Sprache (und vermeintlich auch des Lebens) nicht verstehe. Englisch ist meist viel kürzer, formelhafter und damit pragmatischer, universeller, und vielleicht fühlt man oder frau sich moderner, angesagter, klüger, wenn sie von „sale“ statt „Ausverkauf“ spricht und von „to go“ statt von „mitnehmen“. Das ist alles „okay“. Aber bitte bedenken wir die Nuancen, den Reichtum, ja, den Schatz unserer eigenen Sprache! Lesen wir deutsche Gedichte und singen wieder! Hitler (ich nehme seinen Namen hier als Chiffre für eine Ideologie grausamer, egozentrischer Vereinfachung, Verrohung, übelsten Missbrauchs) und seine Freundinnen und Freunde habe die Sprache so sehr missbraucht, ins Formelhafte, Militärische, Plumpe hineingepresst, dass wir selbst eine Menge an Vertrauen und Liebe, Selbstbewusstsein und frei fließender Ausdruckskraft, was alles absolut gar nichts mit rechtem Gedankengut zu tun hat, verloren haben.

Warum ich das hier schreibe, für eine buddhistische Zeitschrift? Wir müssen nicht immer Anleihen bei asiatischem Vokabular machen oder die englischen Worte, die ja auch schon Übersetzungen aus dem Japanischen, Chinesischen, aus dem Sanskrit oder Pali waren, einfach nun ins Deutsche übertragen, übernehmen. Geduld und Ausdauer sind auch buddhistische Tugenden, und statt sie z. B. nur mit „Dana“ (Großzügigkeit, Gebefreude) zu assoziieren, könnten wir sie mit „Langmut“ übersetzen oder auch „Edelmut“, wie ich in meinem letzten Blogtext ausführte.

Übersetzen heißt auch neu schöpfen. Ich freue mich, in letzter Zeit auch andere auf Deutsch schreibende Lehrerinnen und Lehrer mit diesem Anliegen gelesen zu haben, zum Beispiel Christian Dillo. Er schreibt mir, alleine von seiner Bemühung um das richtige Wort, aus dem Herzen. Denn Sprache ist nicht einfach nur Sprache, wie viele denken – zu meinem Leid. Sie ist vollkommen verbunden mit unserem Leib, mit der Erde und ihren Geschöpfen, eingehaucht meist von unserer Mutter. Wir haben sie schon im Mutterleib gehört und atmen sie ein, trinken sie mit der Muttermilch, die sich wie die sanft gesummten Wiegenlieder in unseren Adern ausbreiten wie goldenes Licht.

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Bilder © unsplash

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann

Monika Winkelmann, geboren 1952, Mutter einer erwachsenen Tochter, geschieden seit 2019, hat 1980 mit 28 Jahren ihr erstes Meditationswochenende in Hamburg besucht. Diese tiefgreifende Erfahrung sowie ihr Leben als Alleinerziehende der Tochter Lisa, geb. 1984,  bewirkten, dass sie viele Jahre a...
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