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Aus der beliebten Reihe: „Letztens in den sozialen Medien“. Dort traf ich in einer kleinen buddhistischen Facebookgruppe wieder einmal auf einen Eiferer zum Thema Freiheit. Nennen wir ihn Ulrich. In Wirklichkeit heißt Ulrich anders.

 Aber wir wollen seine Person schützen, weshalb ich ihm für diese Kolumne einen anderen Namen gegeben habe. Ulrich hat Überzeugungen. Zum Beispiel ist er davon überzeugt, dass seine Herzprobleme, unter denen er heute leidet, damit zusammenhängen, dass er selbst oder eine andere Person, mit der er irgendwie verbunden ist, in einem vorherigen Leben ein herzloser Mensch gewesen sei. Das habe schlechtes Karma erzeugt. Das schlechte Karma müsse er durch seine Krankheit abtragen. Diese Überzeugung ist im Grunde kein Problem. Sie ist zwar etwas seltsam, aber es gibt in Religionen weit seltsamere. Etwa die jungfräuliche Geburt eines Gottes, der gleichzeitig sein eigener Vater ist. Aber das ist eine andere Geschichte. Zurück zu Ulrich. Zum Problem werden solche Überzeugungen erst dann, wenn sie nicht im privaten Raum bleiben, sondern als Teil eines missionarischen Auftrags verstanden werden.

Freiheit

Für Ulrich sind seine Vorstellungen wichtig. So wichtig, dass er durch die buddhistischen Facebook- Gruppen pilgert und überall ungefragt lange Belehrungen postet. Widerspruch ist unerwünscht. Keine anderen Überzeugungen werden von ihm akzeptiert. Wer nicht glaubt wie er, ist kein Buddhist. Theravada-Buddhisten sind für ihn „verwirrt“. Über Dogen Zenji, Stammvater des Soto-Zen, urteilte er: „Kein Buddhist.“ Für Ulrich sind alle, die seine Überzeugungen nicht teilen, Materialisten und Nihilisten. Es müsse, so meint er, unbedingt verhindert werden, dass diese ihre unheilvolle Weltsicht verbreiten. Deshalb beschimpft er die bösen Materialisten und Nihilisten immer gern. Sie dürfen keinesfalls zu Wort kommen. Jeder Versuch, ihn davon zu überzeugen, dass es legitim ist, die Dinge auch anders zu sehen, ist für ihn Hetze gegen die Wahrheit. Appelle an ihn, Toleranz zu üben, empfindet er als persönliche Diskreditierung und nennt sie „inquisitorisch“. Er vergleicht sich gern mit Galileo Galilei, den die römisch-katholische Kirche zum Schweigen brachte, obwohl dieser nur die Wahrheit sagte.

Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung № 124: „Frei Sein!"

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Alles, was Ulrich verkörpert, hat mit Buddhismus nichts zu tun. Ich fühle mich hier eher an die derzeitigen Verhältnisse im Iran erinnert. Die Muftis in Teheran unterdrücken alle demokratischen Rechte wie die freie Rede und das Recht, eine eigene Überzeugung zu haben, die nicht von der Religion vorgegeben ist. Demonstranten werden zum Tode verurteilt. Ihr „Verbrechen“: Krieg gegen Gott. Gut, dass Ulrich nur ein unbedeutender Kerl bei Facebook ist und über keinerlei politischen Einfluss in einem totalitären Staat und über Freiheit verfügt. Sonst hätte ich Angst vor Ulrich.

Ihr Hendrik Hortz

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Hendrik Hortz

Hendrik Hortz

Frank Hendrik Hortz, Jahrgang ‘65, im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, Religionswissenschaftler (studierter ev. Theologe und Philosoph), Journalist und Unternehmer. Erste Meditationserfahrungen vor fast 40 Jahren, Buddhist seit mehr als 10 Jahren. Herausgeber und Chefredakteur der Ursache\Wirk...
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