Frieden im Inneren, Frieden im Außen. Wie komme ich zu einer innerlichen Nähe statt zu einer unbewussten Distanz?
MoonHee beantwortet hier Fragen des alltäglichen Lebens oder Fragen, die ihr schon immer einmal stellen wolltet. In ihrem ersten Beitrag „Wie geht es dir heute? Danke, gut!“ findet ihr mehr Informationen dazu.
Antwort MoonHee:
Alle Menschen sehnen sich nach Nähe und fürchten Distanz. Trotzdem fällt es uns schwer, wahre Nähe zuzulassen. Ebenso wünschen wir uns alle Frieden und fürchten Gewalt. Dennoch fördern wir Unfrieden und gehen auf Distanz. Die Welt des Menschen ist ambivalent.
Unsere Welt driftet mehr und mehr auseinander. Nähe rückt in die Ferne, und Ferne wird nah. Anders gesagt, aus Distanz wurde Nähe und aus Nähe Unbehagen. Nähe ist nicht mehr ein willkommenes, natürliches Gefühl, sondern fühlt sich eher fremd als vertraut an. Doch wir fühlen, dass das nicht so sein sollte. Wir wissen, zum Frieden braucht es Vertrauen. Denn ohne Vertrauen keine Nähe und ohne Nähe keinen Frieden.
Nähe ist keine Ortsbeschreibung, Nähe ist eine innere Haltung, die verbindet. In ihr sind das Ich und die Welt gleichgeschaltet. Innen und außen existieren noch, aber auf eine gleichberechtigte und vertrauensvolle Weise.
Wer Frieden will, muss seine Angst vor Nähe überwinden.
Wir glauben, dass Nähe uns verletzlich macht und Distanz uns schützt. Doch was nützen alle Schutzmechanismen, wenn das Ersehnte immer weiter in die Ferne rückt – und wir selbst uns fremd sind? Zugehörigkeit, Zusammensein, Zweisamkeit und Zärtlichkeit gehören zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Werden diese nicht erfüllt, sind wir nicht wir selbst.
Selbstsein, Nähe und Frieden bedingen einander. Innerer Frieden braucht Nähe zu sich selbst. Wer sich selbst nicht nahesteht, kennt weder einen inneren noch einen äußeren Frieden. Wir fühlen und sehen die Welt, wie wir uns selbst fühlen und sehen. Machiavelli soll gesagt haben: „Sei deinen Freunden nah, doch deinen Feinden noch näher.“ Allerdings schließen sich wahre Nähe und Feindschaft aus. Feind ist immer der mir Fremde, der mir nicht Vertraute. Deshalb misstrauen wir unseren Feinden.
Allzu oft wird der Feind im Außen durch den Feind im Inneren genährt. Feinde zu bekämpfen, bringt selten Erfolg. Feinde werden bezwungen, indem man Freundschaft mit ihnen schließt. Will man also den äußeren Feind bezwingen, so muss man sich erst einmal selbst bezwingen. Um mit sich selbst Freund zu sein, braucht es Selbstakzeptanz und Ehrlichkeit mit sich selbst. Ohne Ehrlichkeit sich selbst gegenüber wird aus positiver Selbstakzeptanz allzu oft eine negative Ich-Fokussierung. Alles dreht sich nur noch um einen selbst. Meine Gefühle, meine Bedürfnisse, meine Freiheit, mein Weg und meine Wünsche kommen vor allem anderen. ICH gegen den Rest der Welt. Wo ist da Nähe?
Immer wieder hört man: Nur wenn ich an mich denke, dann kann ich auch an andere denken. Jedoch dürfen wir Egoismus nicht mit Selbstliebe verwechseln. Unsicherheit, Unzufriedenheit, Ängste und Misstrauen sind kein Freischein für Egoismus. Wir alle sind verletzlich, und wir alle wollen nicht leiden. Wir alle haben mehr oder weniger die gleichen Bedürfnisse und Wünsche. Der andere ist mir näher, als ich denke. Der Selbstliebende ist kein Egoist, vielmehr sieht und liebt er sich selbst im anderen. Selbstakzeptanz geht mit der Annahme einher, dass Nähe und Frieden immer gegeben sind, wenn innere Widerstände überwunden werden. Einen anderen bzw. Distanz gibt es nur, wenn wir Grenzen ziehen. Die Auflösung von inneren Grenzen führt zum inneren Frieden, der wiederum zur Auflösung der äußerlichen Grenzen führt. Nähe macht uns bewusst: Unfrieden ist nichts anderes, als Grenzen zu ziehen.
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