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Diskurs

Buddha, dem Frieden und dem 35-jährigen Bestehen der buddhistischen Gemeinschaft in Österreich zu Ehren ein Rückblick auf das Vesakh-Fest 2019 in Wien.

Es ist der letzte Sonntag im Mai. Es ist heiß, fast schwül, und viele nützen das gut Wetter für eine Radtour. Wer entlang der Donau Richtung Bratislava unterwegs ist, dem weht plötzlich kurz vor der Stadtgrenze ein Geruch von Räucherstäbchen in die Nase. Wenig später taucht die goldene Spitze einer Pagode auf. Stupa nennen es die Buddhisten. Auf den Stiegen zum Stupa stehen Blumen, eine buddhistische Flagge weht im Wind, zwischen den Kirschbäumen sind tibetische Gebetsfahnen gespannt. Von hier kommt auch der für das Donauufer ungewöhnliche Duft. In einem großen, mit Sand gefüllten Trog aus Stein glühen an die 50 Räucherstäbchen und nebeln die, die sich hier versammelt haben, ein. Es sind Mönche in wallenden Roben, festlich gekleidete Kinder, Männer und Frauen.

Grund für die bunte Ansammlung von Menschen ist das jährliche Vesakh-Fest. Es ist für die Buddhisten einer der wichtigsten Tage des Jahres. Man gedenkt der Geburt, der Erleuchtung und des Todes von Buddha. Zwar stammt das Vesakh-Fest ursprünglich aus der Tradition des Theravada-Buddhismus, heute wird es jedoch von Buddhisten weltweit als der wichtigste gemeinsame Feiertag angesehen.

Viele Spaziergänger an der Donau bleiben bei der Friedenspagode stehen und betrachten das bunte Treiben. Vor der Pagode ist ein Baldachin über einer kleinen Bühne aufgebaut. Auf der Bühne liegen Teppiche und Meditationskissen. Rund um die Bühne sind Bänke und Stühle aufgestellt. Die meisten Plätze sind bereits besetzt. Manche sind auch mit eigenen Decken gekommen, haben sie im Gras ausgebreitet. Die Atmosphäre ist friedlich, Kinder spielen, die Gäste unterhalten sich. 

Vesakh
Aber dann geht es los mit der offiziellen Zeremonie, die von der Vizepräsidentin der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft Evi Zoepnek und der Fachinspektorin Karin Ertl eröffnet wird. Sie begrüßen alle, die hierhergekommen sind, auch die Vertreter der anderen Religionsgemeinschaften, die der Einladung gefolgt sind.  Auf der Bühne haben acht Mönche und eine Nonne Platz genommen. In der ersten Zuschauerreihe sitzen Vertreter des Judentums, des Islam, des Christentums und der Orthodoxen Kirche. Es ist ein Friedensfest, das nicht nur alle Buddhisten, sondern auch alle Religionen miteinander verbinden soll.

Der Überlieferung nach sollen im Leben des Buddha Siddhartha Gautama drei Ereignisse in einer Vollmondnacht im Mai stattgefunden haben. Sowohl die Geburt als auch die Erleuchtung – Nirvana – und das vollkommene Erlöschen – Parinirvana –, der Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburt, fanden zu Sommerbeginn statt. Die Buddhisten feiern deshalb rund um den ersten Vollmond im Mai, wobei es je nach Kalendersystem und geografischer Lage terminliche Unterschiede gibt. In China etwa findet das Vesakh-Fest im Juni statt, in Sri Lanka dauern die Feierlichkeiten mehrere Tage. In jedem Fall geht es um die Besinnung auf den Buddha und die Würdigung seiner Lehren. Im Stupa am Donauufer kehrt nun Stille ein, nur ganz leise im Hintergrund hört man das Lachen der spielenden Kinder. Es werden die Sutras rezitiert. Die Mönche und die Nonne sitzen dabei mit dem Rücken zu den Zuhörenden, ihr Blick ist auf den Stupa gerichtet. Manche Gläubige haben die Hände vor der Brust gefaltet, andere sitzen mit geschlossenen Augen da. 

Vesakh
Das Herzsutra, einer der wichtigsten buddhistischen Lehrverse, wird von der Nonne zuerst auf Sanskrit rezitiert. Anschließend, denn es gibt den Text zum Mitlesen, wiederholen alle Anwesenden gemeinsam das Sutra auf Deutsch. Danach tragen Kinder ein Lied aus dem buddhistischen Religionsunterricht vor, ein Mädchen sagt ganz alleine ein Gedicht auf. Schließlich geht es auch darum, dass die Feierlichkeiten dieses Jahr für die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft ein ganz besonderes Ereignis darstellen. Man feiert mit dem Vesakh-Fest auch das 35-jährige Bestehen. 1983 wurde der Buddhismus offiziell als Religionsgemeinschaft in Österreich anerkannt. Auch die Friedenspagode wurde vor 35 Jahren errichtet. Sie ragt 28 Meter hoch in den Himmel, wurde vom japanischen Nipponzan- Myōhōji-Orden errichtet und ist eine von etwa 80 ihrer Art weltweit.

Nach den Rezitationen der Mönche und der Nonne kommen die Gläubigen aus den verschiedenen Gemeinschaften, etwa des Diamant- und Shambhalawegs, zu Wort. Auch sie rezitieren buddhistische Erläuterungen. Es geht um Gemeinsamkeit, um die Besinnung auf die Wurzeln und die Vielfalt der unterschiedlichen buddhistischen Traditionen. Als Zeichen der Verbundenheit werden die Anwesenden aufgefordert, die Schuhe auszuziehen und den Stupa im Uhrzeigersinn zu umrunden. Es ist der Höhepunkt der Vesakh-Zeremonie.Die Ordinierten machen den Anfang, alle anderen folgen ihnen die geschmückten Stiegen hinauf zur Buddha-Statue und vorbei an sieben Reliefs, die das Leben von Buddha darstellen.

Vesakh
Und jetzt gibt es auch Musik. Nach dem religiösen Teil treten thailändische Tänzerinnen und Tänzer auf. Auch eine Musikgruppe ist dabei. Sie haben traditionelle thailändische Kleider an und umrunden die Pagode tanzend und singend. In der Zwischenzeit wurden auch die Teppiche und Meditationskissen von der Bühne geräumt und diese wurde zu einer Tanzbühne umfunktioniert. Eine weitere Gruppe bestehend aus jungen Damen in kurzen Kleidern und einem Sänger singt zu Musik aus dem Laptop. Ein großes Buffet mit herrlichen selbst gemachten vegetarischen Currys und Broten für die zahlreichen Gäste ist angerichtet. In kleinen Gruppen verteilen die Menschen sich auf der Wiese und essen und unterhalten sich. Nicht nur auf der Bühne wird gesungen und getanzt, die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen, während sich der warme Frühsommertag langsam zu Ende neigt.


Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 105: „Bewusst buddhistisch"

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Ester Platzer, 1979, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.

Fotos © Apollonia Bitzan

Ester Platzer

Ester Platzer

Ester Platzer, lebt in Wien und ist Mitglied der Chefredaktion bei Ursache\Wirkung. Davor lebte und arbeitete sie viele Jahre in Ostafrika. Ester absolvierte ihr Magisterstudium in internationaler Entwicklung an der Universität Wien.
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