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Diskurs

Vier Menschen über ihren Zugang zu Geld, wie sie es verdienen und wofür sie es brauchen.

Ich habe immer genau das, was ich brauche
Bernd Salat, Straßenmusiker aus Krems

Mit 15 habe ich mich mit der berühmten Suche nach dem Sinn in meinem Leben beschäftigt, setzte mich mit Buddhismus, Hinduismus und anderen spirituellen Richtungen auseinander. Ich musste einfach wissen, wer ich bin, woher ich komme und was meine Aufgaben sind. Habe ich überhaupt welche? Ich habe erkannt, dass es das ‚Ich' überhaupt nicht gibt. Es gibt keine Pläne, keine Zukunft. Nur das Hier und Jetzt.

Von einem Tag auf den anderen habe ich die Schule abgebrochen und mich als Musiker auf die Straße gestellt, um Gitarre zu spielen. Gelernt habe ich das Spielen nie – meine Hände fanden einfach die richtigen Saiten.

Ich gebe oft das letzte Geld aus, ohne zu wissen, wie es weitergeht – ich gehe ohne Furcht in die Zukunft. Wenn ich zweifle und die Angst mich einholt, dann schaue ich mir mit einem Grinsen meine Angst an. Dann genieße ich sie sogar, sie gibt mir das Gefühl zu leben. Alles ist eins und ich gehöre zum Universum. Die Angst vergeht dann wieder. Wenn ich sehe, wie die Menschen so durch die Stadt laufen und dem Geld hinterherjagen, dann wünsche ich mir, dass sie mehr zum Ursprung zurückkehren würden. Dem Geld hinterherzujagen ist die Beschäftigung mit einer Illusion, glücklich wird dabei niemand. Im Wald Pilze suchen – das ist Realität, das ist das echte Leben.

 

Ich leiste mir den Luxus, keinen Fernseher zu besitzen
Alexander Maly, Geschäftsführer Schuldnerberatung Wien

Ich hatte früher einen schlampigen Umgang mit Geld, doch aufgrund meines Berufes als Schuldnerberater hat sich bei mir eine gewisse Ablehnung gegen diesen Konsumwahn eingestellt. Ich gebe mein Geld heute sehr bewusst aus.

Ich habe immer mehr erkannt, dass der Umgang mit Geld enorm wichtig ist. Nur wenn ich ein gutes Selbstwertgefühl habe, brauche ich keine kompensatorischen Güter mehr anzuhäufen. Deshalb arbeite ich immer an meinem Selbstwert.

Schulden haben etwas mit ‚Beherrschtwerden' zu tun. Nicht umsonst gibt es den Begriff der Schuldknechtschaft. Wer unabhängig sein will, sollte sich keinen Kredit aufnehmen.

Früher glaubte ich, Freiheit mit Geld kaufen zu können. Heute sehe ich das etwas anders. Umso älter ich werde, umso weniger ist mir Geld etwas wert. Meine Wohnung und mein Garten bedeuten mir viel. Sie sind mein Luxus, den ich mir leiste. Ansonsten brauche ich sehr wenig. Meine Unabhängigkeit habe ich mir erarbeitet – durch einen achtsamen Umgang mit Geld. Meine Abhängigkeit liegt eher bei meinen Freunden und bei meiner Familie. Darüber mache ich mir Sorgen, das beschäftigt mich viel mehr als Geld.

 

Geld ist völlig neutral
Gerhard Weissgrab, Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR) und Bankmanager

Für mich ist Geld per se mit keiner Emotion verbunden. Es hängt von der jeweiligen Person ab, ob mit den finanziellen Mitteln etwas Heilsames oder etwas Unheilsames geschieht.

Durch die buddhistische Praxis ist meine Sicht auf das Geld ‚achtsamer' geworden und sie hat mich dazu bewegt, ‚hinter das Geld' zu schauen. In der Lehre heißt es, dass eines der drei wesentlichen Gifte die Gier ist. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt uns, wohin uns diese Gier gebracht hat.

Ich habe auch gelernt, meine Bedürfnisse zu erkennen und sie rational zu befriedigen. Geldverdienen an sich ist für mich nichts Negatives. Entscheidend ist, woher der Antrieb kommt, um dieses Mehr an Geld zu verdienen. Möchte ich mit dem finanziellen Überfluss etwas Sinnvolles tun oder ist es für mich nur die Möglichkeit, meine Statusbedürfnisse zu befriedigen?

Persönlich ist mir Geld wichtig, wenn es darum geht, meine Grundbedürfnisse zu befriedigen, aber es ist nicht der Schlüssel zum Glück. Am Ende möchte ich loslassen – und zwar von allen Dingen. Mich von meinen Büchern zu trennen werde ich allerdings in diesem Leben nicht mehr schaffen.

 

Ich habe privat kein Interesse an Geld
Margrit Kennedy, Finanzarchitektin/Ökonomin, Lebensgarten Steyerberg

Damals, als ich in den 80er Jahren auf die ökologischen Probleme unseres Planeten hinwies, wurde ich von den meisten Leuten regelrecht ausgelacht. Das Wissen, dass sich die öffentliche Meinung auch ändern kann, gibt mir Hoffnung.
Privat hat Geld kaum eine Bedeutung für mich. Mit unserem privaten Vermögen beschäftigt sich hauptsächlich mein Mann. Wie und wo wir investieren, das interessiert mich wenig. Ich habe von Hunger und Krieg, von wenig bis viel Geld alles erlebt. Solange ich genug zu essen habe und mir den Alltag und ein paar Reisen leisten kann, bin ich glücklich.
Geld ist eine Ersatzbefriedigung und ein Statussymbol für uns Menschen geworden. Ich hatte immer das Glück, einen Beruf zu haben, der mich interessiert. Geld zur Aufwertung meines Selbstwertgefühls habe ich selten benötigt. Geld ist nichts anderes als eine Vereinbarung unter Menschen. Und diese beruht auf Vertrauen in dieses Geld. Fehlt dieses Vertrauen, taugt Geld nicht einmal mehr als Toilettenpapier. Ich arbeite seit 27 Jahren daran, die zerstörerischen Funktionen unseres Geldwesens zu vermitteln und nachhaltige Geldsysteme zu entwickeln. In dieser Hinsicht ist Geld das spannendste Thema für mich.

 
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Christina Klebl

Christina Klebl

Christina Klebl, 1979, ist ehemalige Chefredakteurin von Ursache\Wirkung. Sie hat Psychologie an der Universität Wien studiert, leitet das Seminarzentrum im Mandalahof und ist Geschäftsführerin des Radiologieinstitut  Bellaria.
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