Der Gesellschaftstheoretiker Erich Fromm (1900-1980) verband in seinem Denken zahlreiche Einflüsse, primär aus dem Judentum, der Psychoanalyse und dem Marxismus, aber auch aus dem Zen-Buddhismus.
Seine humanistischen, religiösen, soziologischen und psychologischen Reflexionen wurden einer breiten Öffentlichkeit durch die Bestseller ‚Die Kunst des Liebens' (1956) und ‚Haben oder Sein' (1976) bekannt. „Ich wurde geboren als einziges Kind – was schon ganz schlimm ist – von zwei sehr neurotischen Eltern, überängstlichen Eltern aus einer sehr orthodox jüdischen Familie auf beiden Seiten mit Tradition von Rabbinern", meinte Fromm einst in einem Fernsehinterview. Aber nicht nur das Elternhaus, auch seine lebenslange geistige Auseinandersetzung mit dem jüdischen Denken ist nur allzu bestimmend für seine Entwicklung als Theoretiker gewesen.
Domagoj Akrap versucht mit seiner Arbeit, Fromm in ‚das Kontinuum jüdischen Denkens zu integrieren', was seiner Ansicht nach bisher kaum bis gar nicht geschehen ist. Das Einende im interdisziplinären Denken Fromms sei das Judentum, so die zentrale These, die erwartungsgemäß verifiziert wird. Der Autor widmet sich kapitelweise der Bezeichnung ‚Jüdisches Philosophieren bzw. Denken', dem Werdegang Fromms, seinem Religionsverständnis, seiner Interpretation der hebräischen Bibel, seinem Biophilie-Begriff, dem Chassidismus, dem Antisemitismus, insbesondere in der NS-Zeit, Israel und einer ‚Heimführung' Fromms ins Judentum.
Es lässt sich nicht leugnen, dass Fromms jüdisch-religiöse Sozialisation prägend für Werk und Leben war. Dementsprechend ist es auch überaus sinnvoll, Fromm aus dieser Perspektive zu beleuchten, was das Buch beachtenswert macht. Allerdings sollte man sie nicht verabsolutieren bzw. alternative Varianten vernachlässigen. Bis jetzt ist aber vonseiten der Sekundärliteraturautoren eher das Gegenteil geschehen.
Studie
LIT 2011
265 Seiten
Rezensent: Christian Rieder
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