Ich glaube, ich bin krank. Während ich diese Zeilen schreibe, ist das Ende der Woche noch fern, und ich habe schon dreimal ein Mittagsschläfchen gemacht. Wo soll das denn noch hinführen?
Mein Großvater, seines Zeichens Arzt, sagte immer, man solle ab seinem 40. Geburtstag ein kurzes Schläfchen während des Tages machen. Er selbst legte sich mit einem Kissen auf den Boden seines Arbeitszimmers und ließ dabei für 20 Minuten alle Fünfe grade sein. Als ich im Anflug auf meinen Vierziger war, nahm ich mir vor, das umzusetzen. Jetzt, zwölf Jahre später, gelingt es mir immer noch nicht regelmäßig.
Und jetzt an drei Tagen hintereinander? Sehr verdächtig. Dieses Herumliegen nach dem Mittagessen war mir schon als Kind nicht ganz geheuer, und ich kann mich noch erinnern, dass ich mir damals schon den Sinn des Ganzen nicht erklären konnte. Die wenigen Versuche, die ich seitdem aus eigenem Antrieb gestartet hatte, vergrößerten das Energieloch eher als dass sie es zuschütteten. Geglückt, weil entspannend waren sie dann, wenn ich drei Nächte irgendwo durchgetanzt/durchgemacht hatte. Mein Körper wollte sich da einfach nicht mehr senkrecht halten. Ist nachvollziehbar.
Jetzt hat mir kürzlich ein guter Bekannter unter die Nase gehalten, dass ich kein Kind von Traurigkeit wäre. Klingt nach leichtem Mädchen, aber auf meine Nachfrage hin hat er das sofort abgewunken. Gut, also eine heitere Natur – das wäre jetzt nichts Neues. Doch dass man mir das an der Nasenspitze ansieht, nur weil ich es bevorzuge, lächelnd durch die Welt zu gehen, war ein eher neues Fremdbild. Und weil es kein ungutes ist, hab' ich es zwei Nächte hintereinander krachen lassen – einmal bis 4, einmal bis 6 Uhr morgens. Müde war ich nur nach dem Aufstehen, ich hätte ohne den Rest Vernunft beim Frühstück noch getanzt. Fragen Sie mich nicht, woher diese Energie kommt, aber ich kann nur achselzuckend feststellen: Sie ist da. In diesen Momenten. Wenn die Gesellschaft und die Musik gut sind. Die Uhrzeit spielt dabei überhaupt keine Rolle, und gerade das genieße ich besonders. Hey, was ist schon Zeit?
In diesem Sinne war es von Vorteil, dass ich den Sonntag wirklich als Claudia-Tag reserviert hatte. Das gelingt mir leider nicht immer, wegen einer Reise oder sonstiger Verpflichtungen weichherziger Natur. Doch wenn es klappt, genieße ich es umso mehr. Ich frühstücke spät, höre mir inspirierende Radiosendungen an, lese, gehe spazieren, streichle die Katze, bis sie sabbert. Selten rede ich an solchen Tagen, und ich bin ziemlich froh darüber. Schließlich muss ich ja nicht zu allem und jedem eine Meinung haben. Herrlich, diese Claudia-Tage!
Umso mehr überrascht es mich, wenn es mich zwei Tage nach meinen nächtlichen Exzessen nach dem Essen niederstreckt. Nein, ich esse nichts Schweres – das Martinigansl letztens samt der variantenreichen Gestaltung der Reste war eine Ausnahme, die ich meiner Leber samt Galle auch erst wieder 2019 zumuten möchte. Und trotzdem werde ich von einer bleiernen Schwere befallen, sobald der ultimative Bissen versenkt ist. Früher hätte ich einen superdicken Kaffee nachgeschüttet, mir vielleicht das Gesicht gewaschen und weiter gemacht wie geplant. Jetzt bin ich einen Schritt weiter.
Anfang der Woche war mein Ältester zu Besuch, und wir haben darüber geredet, was es bedeutet, bewusst zu sein. Er ist gerade dabei, das für sich zu entdecken und beschrieb mir die Momente, wo es für ihn funktioniert. Und da ich just an diesem Tag mein erstes Mittagsschläfchen-Erlebnis hatte, fiel mir auf, dass ich vorher auch bewusst war, nämlich bezüglich meiner Müdigkeit. Und genau deshalb hatte ich mich nieder gelegt. Nicht dagegen gekämpft, keine Alternativen gesucht, sondern einfach Bäm auf der Couch gemacht. Dass mir beim Liegen auch bewusst wurde, dass ich permanent meine Oberlippe verkrampfe, ist ein Nebenschauplatz, an dem ich seitdem arbeite. Kommt vielleicht vom Rauchen, aber auch von der temporären Entrüstung, die aufkommt, wenn man seinen Gedanken freien Lauf lässt. Doch wer meditiert, weiß, wie man damit umgeht: zur Kenntnis nehmen und abziehen lassen. Und je mehr ich mich auf die Entspannung meiner Oberlippe konzentriere, umso weniger kommen diese Gedanken auf. Weil ich dann nämlich lächle. Und das, ohne meine Wangenmuskulatur zu verkrampfen. Ja, Bewusstsein ist eine schöne Sache, auch als Mittagsschlaf.
Weitere Beiträge von Claudia Dabringer finden Sie hier.