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Folgende Situation: Sie stehen mit einem bekannten Menschen an einer Bar und dieser Mensch beginnt, Sie zu beschimpfen, unflätig und ausfällig zu werden. Wie reagieren Sie? Gehen oder bleiben Sie?


Wenn man so etwas beobachtet, ist es immer schwierig, irgendwie Position zu beziehen. Finde ich zumindest. Doch hakt man es nicht gleich ab, sondern lässt eine Situation wie dieser nachhallen, stellt sich doch die Frage, was man selbst in so einer Situation getan hätte. Kürzlich habe ich das mit verschiedenen Menschen diskutiert: zwei Männer unterschiedlichen Alters und einer Frau, die jünger ist als ich.
Der jüngere Mann hätte sein Gegenüber immer wieder mit derselben Frage konfrontiert, nämlich mit „Was ist los mit dir?“ Eine Herangehensweise, die etwas für sich hat. Denn wenn man von der „sachlichen“ Ebene auf die Meta-Ebene beginnt, somit also auf das Verhalten aufmerksam macht, könnte sich etwas bewegen. Zumindest in der Hinsicht, dass dem wütenden Gegenüber sein Verhalten zumindest bewusst wird. Ob sich etwas ändert, ist da noch nicht heraußen.
Ob meine Strategie den anderen wachrüttelt, ist ebenfalls nicht klar. Ich warf in die Runde, dass ich Grenzen setzen und darauf hinweisen würde, dass das Verhalten inakzeptabel für mich ist. Und dass ich dann gehen würde. Hin und wieder gehe ich auch, wenn ich mir Klarheit über eine Situation verschaffen muss und kurzfristig Distanz zwischen meinen Gedanken und dem Schauplatz brauche. Toiletten bieten sich hierfür ganz wunderbar an. In vorliegendem Fall allerdings würde ich gehen und wegbleiben. Ganz einfach, weil ich durch meinen Abgang auch ein körperliches Zeichen setze, dass ich mich den negativen Vibes nicht auszusetzen gedenke.
Der ältere Mann und die jüngere Frau waren sich ziemlich einig, dass sie niemals gehen würden. Weil das nämlich ein Eingeständnis von Schwäche wäre. Man sich quasi mit – verzeihen Sie die saloppe Sprache – eingezogenem Schwanz aus dem Staub machen würde. Sie würden das Gegenüber zurechtweisen und sich dann wegdrehen beziehungsweise Ignoranz üben. Und bleiben. Das hat mich nachdenklich gemacht, denn als feig würde ich mich jetzt nicht gerade bezeichnen.

Gehen oder bleiben
Der jüngere Mann wirft in weiterer Folge noch ein, dass es idealerweise so sein müsste, dass man so sich ruhen sollte, dass man den Ärger des Gegenübers durch sich durchgehen lässt. Weil man sich bewusst ist, dass er nichts mit einem selbst zu tun hat. Absolute Durchlässigkeit, wahlweise die Stabilität eines Felsen in einem Gebirgsbach. Das Wasser einfach links und rechts vorbei brausen lassen und trotzdem bei sich selbst bleiben. Ja, das wäre in der Tat das Ideal.
Doch so weit bin ich bei weitem nicht. Weil ich das Gefühl habe, in mir etwas beschützen zu müssen, das ich beim Bleiben beschädigen würde. Nämlich durch eine fälschliche Interpretation, negative Stimmung, eine andere Entwicklungsstufe. Das auszuhalten geht dann, wenn der Ton einigermaßen im erträglichen Schwingungsbereich ist. Oder wenn ich mit Humor die Verhärtung etwas aufbrechen kann. Wenn jemand allerdings „drauf“ ist und sich nicht beirren lässt, hilft nicht einmal Lachyoga. Bei aller Menschenliebe: So einer Situation setze ich mich nicht aus. Natürlich ist mir klar, dass jemand einmal einen schlechten Tag haben kann. Geschenkt. Doch das an mir auszulassen, was gar nicht zu mir gehört, finde ich abgründig. Und deshalb entziehe ich mich. Und zwar, so lange ich meinen Seelenfrieden noch habe. Ließe ich mich ein, weiß ich genau, dass ich trotz allem guten Willen irgendwann die Contenance verlieren und mich auf eine Diskussion einlassen würde. Die ich nur verlieren kann. Denn für schlechte Laune gibt es immer ein Argument. Gute Laune hingegen kommt ohne aus. Meine zumindest.

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Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Marius Klicka 2019-02-14 16:16
Ich würde probieren dass ganze in eine Diskussion zu verwandeln, und die Motive meines Gegenübers zu verstehen.
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# magclaudiadabringer 2019-02-15 18:28
lieber marius klicka! herzlichen dank fuer ihre anregung - der empathische ansatz ist immer ein guter! schönes wochenende...
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