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Was passiert eigentlich bei Stress? Teil 7 - Dauerstress im Alltag senken.

Nach dem Einblick darin, wie man in der Achtsamkeit mit konkreten Stresssituationen umgeht, hier im letzten Teil der Serie noch einige Möglichkeiten, um generell Stress und Cortisol im Körper abzubauen, wenn Stress über längere Zeit Teil des Alltags ist.

Atmen
Stress führt durch Anspannung zu einer flachen Atmung. Wird der Stress zur Dauerbelastung, wird auch die Atmung andauernd flach, was den Stress aufrechterhält.

Bewusst und tief atmen – auch im Laufe des Tages in kleinen Pausen einfach nur mit der Aufmerksamkeit zum Atem zu gehen –, das verbindet mit dem Körper und damit mit dem eigenen Befinden und den eigenen Bedürfnissen. Es nimmt den Fokus weg von dem, was uns stresst, was zusätzlich entspannt.

Wenn man bewusst atmet, vertieft sich die Atmung ohne eigenes Zutun von allein. Der Cortisolspiegel wird dabei gesenkt, und das parasympathische Nervensystem, das mit Entspannung zu tun hat, wird aktiviert.

Sport
Im ersten Teil dieser Serie zum Thema Stress habe ich beschrieben, wie im Tierreich durch körperliches Ausagieren in Stresssituationen der Stresspegel nach der Gefahrensituation gleich wieder auf null sinkt. Wir sind als Menschen auch heute noch biologisch gleich programmiert.

Sport, laufen gehen, körperliche Aktivität sind wirksame Methoden, um den Cortisol-Level im Körper zu senken.

Zeit nur fürs Sein – meditative Tätigkeiten
Ständiges Tun macht Stress. Meist erledigen wir noch mehrere Dinge gleichzeitig. Obwohl das leicht zu Überforderung führt, erzeugt viel Tun in der Regel noch mehr Tun. Es gibt so ein Gefühl, dass man – wenn man nur dranbleibt – irgendwann alles erledigt hat. Und dann kann man sich endlich entspannen.

Doch die Erfahrung zeigt: Wenn man aus dem Tun heraus lebt, findet man fürs reine Sein oft keinen Platz mehr. Man ist für das reine Sein dann viel zu aufgewühlt. Man hält das Nichtstun einfach nicht aus, wenn man innerlich gestresst ist. So füllt man auch Zeiten, in denen nichts zu tun wäre, mit Aktivitäten und weiterem Input, den man wieder emotional verarbeiten muss. So hält man beispielsweise Autofahren ohne Radio nicht mehr aus. Man könnte sich ja selbst begegnen.

Und genau darum geht es in der Achtsamkeit. Sich wieder selbst zu begegnen. Sich wieder zu spüren, statt ständig nur im Tun zu sein. Ein guter Weg dazu sind sogenannte meditative Tätigkeiten.

Nimmt man sich Zeit fürs Sein – ohne etwas zu tun, was produktiv ist, gibt man dem Körper und der Psyche die Chance, das zu verarbeiten, was war. Macht man das regelmäßig, vielleicht sogar täglich, sich Zeit nur für sich zu nehmen, dann stellt man schnell fest, wie der Stresslevel sinkt.

Egal, ob man in die Natur geht, ein Instrument spielt, sich eine halbe Stunde ein heißes Bad gönnt, ohne dabei zu lesen, ob man gern ein bisschen im Garten arbeitet oder etwas malt, bastelt, Patiencen legt oder puzzelt: Es gibt viele Tätigkeiten, die ganz individuell als meditativ erlebt werden. Das kann auch eine achtsam erlebte Mittagspause sein, in der ich ganz bewusst und gesund esse und mich dabei eine Stunde in einen Park setze und den Vögeln lausche.

Wenn wir unserem Körper-Geist-System diese Ruhe gönnen, geben wir ihm die Möglichkeit, unser Erleben zu verdauen und einzuordnen. Wir sind wie Gefäße. Wenn wir mehr einfüllen, als das Gefäß aufnehmen kann, laufen wir über. Unser System ist dann maximal gestresst und überfordert.

Yoga
Yoga ist eine sehr gute Methode einer meditativen Tätigkeit, in der Anspannungs- und Entspannungszustände im Körper wieder in ein Gleichgewicht kommen. Gleichzeitig ist es eine Tätigkeit, in der die Konzentration auf den Körper und die Atmung zu einer tiefen Entspannung führen können, die ein gutes Gegengewicht zum Stress des Tages ist.

Durch zu viel Stress verlieren wir die Verbindung zu unserem Körper und seinen Bedürfnissen. Je mehr Anspannung wir in uns haben, desto weniger spüren wir unseren Körper. Machen wir regelmäßig Yoga, erhöht sich auch das Bewusstsein für unseren Körper im Alltag. Für seine Bedürfnisse, was Bewegung und auch was Ernährung angeht.

Was passiert eigentlich bei Stress
Massagen
Massagen wirken entspannend auf die Psyche, weil sich unsere Muskeln wieder ein Stück entspannen können. Auch hier zeigt sich, wie sehr Körper und Psyche eine Einheit bilden.

Massagen senken den Stress, weil sich die in den Verspannungen gehaltenen Gefühle wieder lösen können. Wenn wir vom Massagetisch aufstehen, sind uns wieder „weichere“ Gefühle möglich, die wir jetzt auch „verkörpern“ können. Der Stresslevel und die Angst sinken.

Leider ist Massage kein Allheilmittel. Denn wir haben gewohnheitsmäßige Muster in uns, die uns bei Stresssituationen immer wieder in die gleichen Anspannungsmuster bringen, die tief in unserer Persönlichkeit verankert sind. Das heißt, wir spannen uns beim nächsten Konflikt an den üblichen Stellen an, und durch längere Anspannung entstehen neue permanente Verspannungen. So geht der Kreislauf weiter.

Erst wenn ich lerne, mir durch die Praxis der Achtsamkeit Stück für Stück meiner Anspannungsmuster bewusst zu werden, kann ich sie auch bewusst unterbrechen.

Anspannungen halten uns unangenehme Gefühle vom Hals, die wir nicht spüren wollen. Kann ich diese unangenehmen Gefühle in der achtsamen Meditation halten und ihnen in einer freundlichen und annehmenden Haltung begegnen, lernt mein Organismus, dass er vor diesen Gefühlen keine Angst mehr haben muss – und spannt sich in der Folge auch nicht mehr an, wenn diese Gefühle kommen.

Das ist die Lösung durch den Weg der Achtsamkeit.

Ernährung
Je mehr Stress wir haben, desto weniger achten wir auf unseren Körper und desto öfter wird schnell nebenbei Fast Food gegessen.

Schlechte Ernährung ist eine große Stressquelle für unseren Körper. Denn viele Nahrungsmittel sind schwer zu verdauen und ungesund. Der Körper braucht viel Kraft, um sie zu verdauen, und zieht nur wenig Energie aus ihr.

Wenn wir gestresst sind, kauen wir nicht mehr gut, sondern schlingen. Dabei kann gutes Kauen dem Magen ein Drittel seiner Arbeit abnehmen.

Sind wir ohnehin erschöpft, kostet uns der Verdauungsvorgang von ungesunder Nahrung erstaunlich viel zusätzliche Energie, was wiederum den Stress anheizt.

Sich achtsam zu ernähren und gesund zu essen, senkt den Stresslevel grundlegend. Dabei stellt sich heraus, dass viele gesunde Lebensmittel tatsächlich den Stresslevel im Körper aktiv senken. In diesem kurzenBeitrag kann ich nicht auf die Einzelheiten eingehen. Aber ich empfehle das Buch „Mit Ernährung heilen“ von Andreas Michalsen.

Die Zusammenhänge werden hier sehr detailliert erläutert. Und es gibt einen langen Abschnitt zum Thema Fasten und Intervallfasten, der sehr deutlich zeigt, welche Selbstheilungsprozesse im Körper starten, wenn der Körper Zeiten hat, in denen er keinen Input, also keine Nahrung bekommt. Dann hat er nämlich Zeit, Reparaturprozesse in den Zellen zu vorzunehmen, die sonst nie stattfinden.

Achtsamkeitsmeditation
Achtsamkeitsmeditation übt sich darin, mit dem zu sein, was ist. In einer annehmenden und freundlichen Haltung in Einklang zu kommen – mit dem, was ist, und mit sich selber, seinen Gedanken, Gefühlen und Körpergefühlen.

Die tägliche Übung, innerlich Ja zu sagen zu allem, was sich in der Meditation zeigt, ist eine Haltung, die Körper und Geist ins Gleichgewicht bringt, die zu Entspannung und dazu führt, dass der Geist jeden Tag die Möglichkeit bekommt, sich ungestört zu ordnen. Eine Zeit, in der es keinen Input von außen gibt.

Den ganzen Tag sind alle unsere Sinne nach außen gerichtet. In der Meditation richtet sich die Wahrnehmung zum Ausgleich nach innen. Da ist erst mal ein Rasen ständiger Gedanken zu bemerken, aber auch angenehme und unangenehme Gefühle und Körpergefühle.

Sich dem bewusst auszusetzen heißt, in der reinsten Form sich selbst Zeit zu schenken im Laufe des Tages. Und mit sich in Kontakt zu kommen. Mit dem, wie es mir an dem Tag geht, und was an dem Tag in mir auftaucht.

Körper und Geist haben während der Meditation Zeit, sich auf eine Art und Weise zu ordnen, wie sie es sonst nicht haben. Ich bin heute davon überzeugt, dass wir sowohl körperlich wie auch psychisch selbstheilend sind. Es ist nur die Frage, ob wir Körper und Psyche die Zeit geben, das, was wir erleben, auch wirklich zu verarbeiten, bevor der nächste Input kommt.

Wie viele Meditationsformen hat auch die Achtsamkeitsmeditation den Atem als zentralen Fokus. Vereint mit der annehmenden Haltung senkt die Achtsamkeitsmeditation nicht nur den Stresslevel deutlich, sie führt auch zu einer nachhaltig guten Basis, um Stress im Alltag besser begegnen zu können.

Achtsamkeit
Achtsamkeit als Lebenshaltung ist für mich der wesentliche Faktor geworden, mit Stress besser umgehen zu können, in ein Gleichgewicht zwischen Gefühlen, Körper und Verstand zu kommen und bewusst besser mit mir umzugehen. Ich lebe heute bewusster mit meinem Körper und bewusster damit, was mich in meinem Leben nährt. In körperlicher und psychischer Hinsicht.

Für mich vereint die Haltung der Achtsamkeit alle Haltungen und Techniken, die es mir heute erlauben, mit Stress besser umzugehen und daher auch weniger Stress in meinem Leben zu haben.

Wie schon erwähnt, ist die Achtsamkeit etwas, was sich nur durch Selbsterfahrung erschließt. Wenn lediglich der Kopf die Zusammenhänge erkennt, kann man trotzdem das Gelesene nicht umsetzen. Daher kann ich nur empfehlen, sich in Workshops der Erfahrung auszusetzen.
Das ist das Ende der siebenteiligen Serie zum Thema „Was passiert eigentlich bei Stress?“. Durch die Aufteilung auf sieben Teile konnte ich ein bisschen in die Tiefe gehen. Aber es gibt auch darüber hinaus in der Achtsamkeit noch viel zu entdecken.

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Dirk Meints

Dirk Meints

Wie funktioniert die Psyche des Menschen? Warum sind wir wie wir sind? Wie ist Veränderung möglich? Das sind meine ganz persönlichen Lebensfragen, denen ich schon immer auf der Spur bin. Heute arbeite ich als Achtsamkeitslehrer und Psychologischer Berater in Wien. Für die Klärung mein...
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