Wenn man keine Reise tut, kann man das dafür vorhandene Budget anderweitig verbraten. Dass dabei ein Gerät mit bewegten Bildern mein Haus entern würde, war irgendwie nicht abzusehen.
Für jemanden, der keine Ahnung hat, welche Serien gerade en vogue sind und über welche Reality Shows man sich aufregen könnte, war der Impuls, in einen Fernseher zu investieren, ein ziemliches Ding. Voraussetzung dafür war, dass ich zuerst die dicken Dinger aus dem vorvorletzten Jahrzehnt entsorge, was nur mit der Hilfe von zwei (!) Männern zu bewältigen war. Frau ist stark, aber bei alten Fernsehern muss sie ihre physischen Grenzen anerkennen. Das neue Gerät passt unter eine Männerachsel, auch weil es mit den Riesendingern der Neuzeit wenig gemein hat. Mein Fernsehzimmer ist relativ klein, da wäre ein Heimkino die falsche Wahl.
Jetzt steht der schmale Wurf also da. Und auch wenn die Technik manchmal hakt, weil sich Internet und Fernseher nur bedingt grün sind, lockt es doch immer mal wieder, reinzuschauen. Und komme ich selbst nicht auf die Idee, raunzt die Katze so lange vor der verschlossenen Tür, dass ich schon alleine aus Tierliebe zumindest überlege, ob eine Geschichte in laufenden Bildern gerade eine willkommene Abwechslung wäre. So auch am vergangenen Sonntag, an dem das Remake meines Lieblingsfilms lief. Ich ging einige Minuten vorher nach oben und schaltete den Fernseher ein. Internet und Gerät hielten wohl nichts vom Valentinstag, wo man tunlichst harmonisch miteinander umgehen sollte. Es dauerte also Minuten (gefühlt Stunden), bis die beiden kommunizieren konnten, und ich war froh, dass ich den Film bereits im Kino gesehen hatte und der spätere Einstieg daher nicht schlimm war. Pünktlich zur ersten Szene kam auch die Katze und ließ sich auf der Couch nieder – Tierintuition ist wenig zu entgegnen, den Technikstress wollte sie sich eben nicht antun, sondern zum gerichteten Tisch antraben.
Ich folge also der Liebesgeschichte und finde mich am Ende, als der Mann sich selbst in einen anderen Daseinszustand befördert hat, weil er kein Land mehr gesehen hat neben seiner erfolgreichen Frau, mit Tränen in den Augen. Das ist mindestens so lange nicht mehr vorgekommen, wie ich nicht mehr fernsehe. Und diese Phase ging immerhin 2014 zu Ende. Halt, beim Papstfilm habe ich auch geweint, aber das war im Kino. Wie auch immer. Nachdem wir uns ja in Siebenjahreszyklen entwickeln, dachte ich, wären die Tränen eine Überlegung wert.
Zugegeben, der Mann gefällt mir. Ich hatte zwar in den letzten Jahren den Eindruck, dass ich von den blonden Blauäugigen Abstand genommen hätte, doch hey - wir sprechen hier immerhin von Bradley Cooper. In einer Kurznachricht würde hier jetzt ein Smiley mit Herzaugen stehen. Dass sich so einer freiwillig wegdreht, machte mich traurig, obwohl ich natürlich wusste, wie der Film ausgeht. Dass er stirbt und sie als Heldin aus dem Ganzen hervorgeht. Im Grunde also eine sehr emanzipatorische, aber nichtsdestoweniger tragische Geschichte. Einen Tag später sah ich alles wieder ein bisschen nüchterner.
Nicht nur von einem Mann habe ich mir sagen lassen, dass Frauen das eigentliche starke Geschlecht seien. Mir selbst war das bewusst, doch dem Arroganzfettnapf wollte ich lieber fernbleiben. Beziehe ich mich also auf die Aussage eines Mannes in Zusammenhang mit dem Film, muss ich mir eingestehen, dass Blondie zwar gut aussehend, aber in keiner Weise fähig war, für sich selbst einzutreten und in seiner Kraft zu stehen. Und das ist das wirklich Traurige an diesem Film. Dass wir einen Mann gezeigt bekommen, der sich so sehr mit dem identifiziert, was er tut, dass er trotz Reha nicht zu seinem Inneren vordringen kann und deshalb wurzellos scheitern muss. Jetzt bin ich ja eine große Freundin von Scheitern, denn idealerweise wachsen wir an einem solchen Rückschlag. Doch dieser Mann hat einfach aufgegeben. Und an diesem Punkt wurde mein Mitgefühl fast schon zur Aggression.
Scheitern ist immer ein Weckruf dafür, dass wir uns auf dem falschen Pfad befunden haben. Und wie im richtigen Leben gibt es auch hier die Möglichkeit, umzukehren. Man muss sich nicht in der Mitte eines Weges in die Luft sprengen, weil man plötzlich nicht mehr weiter weiß. Der Schöpfer hat uns das Gehirn gegeben, damit wir es benützen. Und wenn jemand sein Gehirn, im besten Fall seine Intelligenz, absichtlich außen vor lässt, macht mich das wütend. Und das ist eine genderneutrale Wut. Wir haben immer die Wahl: für das Negative oder das Positive. Wir haben immer die Wahl, unseren Kopf zu drehen in eine Richtung, die vielversprechend erscheint und nicht dystroph. Also mängelbeladen. Der Typ aus dem Film hatte eine begabte Frau, ein gemütliches Heim und Talent. Doch er klüngelte lieber mit seinen Dämonen. Gut, seine Entscheidung. Schlecht für den Film, wenn er sie anders getroffen hätte. Doch ein Exempel für den richtigen Umgang mit Scheitern war er nicht. Bei aller Liebe für die blauen Augen von Bradley Cooper. Das Fazit: Starke Frauen können eben nicht alles stemmen, vor allem dann nicht, wenn sich die Männer verweigern. Was schade ist, denn wir brauchen beide Energien – in diesen Zeiten mehr denn je.
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