... geschlafen habe, höre ich mit einem Ohr bei meinem letzten Eissalonbesuch. Der Rest versank in der allgemeinen Geräuschkulisse. Und ich mache die Probe aufs Exempel.
Ich habe ja ein ganz inniges Verhältnis zu meinen Mobiltelefonen. Nicht nur weil sie so wunderbare altmodische Tasten haben, sondern auch, weil sie für mich ein Symbol der Verbundenheit darstellen. Leider sind zwei von den dreien nicht mehr wirklich benutzbar, weil sie ein Betriebssystem haben, das von den herkömmlichen App-Anbietern gar nicht mehr registriert, geschweige denn bedient wird. Also speichere ich dort den Soundtrack meines Lebens und schone damit den noch funktionierenden BB und dessen Speichervolumen. Überflüssig zu sagen, dass er nur die Hälfte der inzwischen normalen Speicherkapazität besitzt. Aber ich liebe ihn, das reicht als Argument für dieses Gerät. Über Oldtimerfahrer*innen regt sich schließlich auch keiner auf.
Nachdem mein Alltags-BB also quasi wie ein normales Mobiltelefon funktioniert, passieren hier auch die ganz normalen Dinge. Dass ich eine Werbung von einem Versandhaus bekomme, wenn ich kurz vorher etwas bestellt habe. Dass ein Thema aufploppt, über das ich mit einer Freundin gesprochen habe. Und das fällt sogar mir auf, obwohl ich sonst eine große Anhängerin der Synchronizität bin. Das schärft allerdings meine Wahrnehmung insofern, dass ich mich stets bemühe, freundlich und charmant zu sprechen. Man weiß ja nie, was der „große Geist“ aufschnappt.
Im Eissalon also schnappt mein Geist den Gesprächsfetzen einer jungen Frau auf: „Der Letzte, mit dem ich geschlafen habe ...“ Gerne hätte mein Gossip-Ich gewusst, um wen es sich dabei gehandelt hat, doch überlagert der Umgebungslärm den Rest des Satzes. Und weil ich ja der Meinung bin, dass meine Sinne nichts wahrnehmen, was nicht einen tieferen Sinn für mich besitzt, gebe ich den Fetzen in die Suchmaschine ein. Und stelle fest, dass sie mich besser kennt als ich sie.
Als Erstes bekomme ich eine Werbeanzeige für T-Shirts, wo man sich „Das letzte Mal, als ich normal geschlafen habe“ draufdrucken lassen kann. Der nächste Eintrag ist ein Übersetzungsangebot für „Ich habe lange geschlafen“, gefolgt von der Antwort auf die Frage, „warum Sie letzte Nacht schlecht geschlafen haben“. Auch eine Motorsport-Website wird vorgeschlagen, die sich einerseits mit „Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Menschenverachter“ und andererseits mit „Wer letzte Nacht am besten geschlafen hat: die FIA“ beschäftigt.
Mein Mobiltelefon beziehungsweise die Suchmaschine scheint also genau zu wissen, dass ich in einem Alter bin, wo es völlig unnütz ist, schlüpfrige Webseiten zum Thema letzter Sexualkontakt anzubieten. Scheinbar geht es mehr um Motto-T-Shirts und Schlafstörungen bei Frauen im Voll50-Alter als um einen regen Austausch. Nicht dass ich besonders viel von Internet-Foren halte, doch eines zu diesem Thema hätte mir die Suchmaschine schon vorschlagen können. Wo ich dann allerdings recht wenig beizutragen gehabt hätte, was wechselnde Partner angeht. Ich bin in diesem Zusammenhang eine Anhängerin des Binärcodes, der Computersprache mit 0 und 1. 1 und 0 entsprechen bei der Computersprache dem jeweiligen Spannungszustand: 1 bedeutet "an" beziehungsweise "Strom fließt" und 0 bedeutet "aus" beziehungsweise "Strom fließt nicht". Ich habe absolut kein Problem damit, dass bei mir kein „Strom fließt“, hatte das ja auch schon ganz proaktiv für mich beschlossen und war absolut zufrieden damit. Seit 15 Monaten allerdings ist die Null auf die Eins gesprungen, und diese Eins ist für mich die einzige Alternative zur Null. Vom seriellen Partnerschaftsmodell, also 1 und 1 und 1 und so weiter, habe ich mich vollständig verabschiedet. Käme meine Eins ins Wanken, käme die Null wieder herein gerollt. Auch gut. Doch die Eins ist definitiv besser.
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