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„Ich halte ja nichts vom Aufgeben, wie man letzte Woche unschwer nachlesen konnte. Und seit ich einen Ruf erhalten habe, auf das Restjahr zu schauen, erst recht nicht.“ - Es ist Freitag, somit auch ein neuer spannender Blog von Claudia Dabringer.

Ich halte ja nichts vom Aufgeben, wie man letzte Woche unschwer nachlesen konnte. Und seit ich einen Ruf erhalten habe, auf das Restjahr zu schauen, erst recht nicht.
Eine Kollegin von mir hat ein Buch über Schildkrötentage geschrieben. Also solche Tage, die sich unendlich ziehen und manchmal ein Leben dominieren können, weil es eine endlose Aneinanderreihung solcher Tage ist. Und es gab Zeiten in diesem Jahr, da kam mir meines auch so vor. Doch nun weiß ich: Es war nur eine Vorbereitung. Damit das restliche 2017 gelingt.
Obwohl ich ja nicht aus vollem Herzen sagen kann, dass es misslungen ist. Es hat halt nur vieles von dem, was ich auf meinem Zettel hatte, NOCH nicht geklappt. Das ist keine neue Erfahrung für mich, denn zeit meines Lebens habe ich mir Dinge vorgenommen, die dann am Ende ganz anders eingetroffen sind. Vielleicht waren die Mantras die falschen? Für meinen Ex wünschte ich mir, dass Käufer für seine Bilder auftauchen mögen – er hat das Malen dann ganz aufgegeben. Für mich wünschte ich eine neue, letzte Liebe – es kam eine alte, und es war nicht die ultimative. Für einen anderen Menschen wünschte ich mir Mut – stattdessen hat er sich noch weiter in der Feigheit verkrochen. Man könnte also sagen: Wünschen ist nicht ganz meine Domäne.

Jetzt könnte ich mir denken, dass ich eventuell im falschen Leben stecke, wahlweise einer völligen Fehleinschätzung meines Lebenssinnes erliege. Das kann ja vorkommen, und ausschließlich soll man bekanntlich gar nix. Vielleicht liegt meine Bestimmung ja in der Lebensberatung, wie so viele in meinem Umfeld immer wieder anregen. Doch etwas in mir sperrt sich dagegen. Vermutlich die Philosophie, dass man keinen Lebensberater braucht, solange man FreundInnen hat. Und Geld für Freundschaftsdienste zu verlangen, widerstrebt mir grundlegend. Andererseits ist es natürlich auch richtig, dass man oft vor Problemen steht, bei denen einem Nahestehende nicht weiterhelfen können. Oder wollen, weil sie nicht können. Da ist es dann ein Segen, wenn man eine/n PsychohygienikerIn an der Seite hat. Habe ich schon erwähnt, dass ich nur sehr ungern gendere? Nicht, weil ich ignorant bin, sondern weil es sich dem Lesefluss entgegenstellt. Doch das ist ein anderes Thema.
Wenn ich mir dieses Jahr bislang anschaue, ist es aber genau diese Inspiration der anderen, die mich von der Erfüllung meiner Wünsche abgehalten hat. Und vielleicht auch schon früher. Oder immer. Irgendwann in meinem Leben habe ich die Einstellung entwickelt, dass zwar meine Vorstellungen nicht eintreten, dafür aber immer eine Alternative auftaucht. Was, wenn ich mich von der Alternative habe ablenken lassen, nur weil sie schneller kam? Was, wenn ich meine Ideen verfolgt hätte und nicht auf die Alternativen angesprungen wäre?
Eine Freundin von mir macht es vor. Sie hat einen Traum, und obwohl sie immer wieder Alternativen für den Fall des Scheiterns unter die Nase gehalten bekommt, bleibt sie bei ihrem Traum. Die Opfer dafür sind opulent, und trotzdem verfolgt sie ihr Ziel. Das nenne ich Standhaftigkeit. Oder Fokussiertheit. Oder Hartnäckigkeit. Letzteres war mir ja immer ein Gräuel, weil ich mit einer Großmutter gesegnet war, die diese Eigenschaft bis zum Abwinken besaß und jeden so lange damit nervte, bis er w.o. gab – auch wenn er grundsätzlich anderer Meinung war. Hauptsache, Ruhe im Karton. Oder im Auto. Oder am Küchentisch.
Betrachte ich Hartnäckigkeit euphemistisch als Fokussiertheit, muss ich gestehen: Sie fehlt mir ein bisschen. Wegen meiner Flexibilität gegenüber Alternativen. Oder Dringlichkeiten externer Natur, die ich erst viel zu spät als nicht-intern identifiziere. Sprich nicht erkenne, dass es eben die Dringlichkeiten anderer sind und mit meinen gar nichts zu tun haben. Ja, auch ich bin manchmal schwer von Begriff.
Der Weckruf für das Restjahr hat mich erreicht, und er ist viel mehr als einer, der auf die verbleibenden Monate schaut. Er hat mich aufgerüttelt, endlich meine Ziele, Pläne und Ideen umzusetzen, und das konsequent. Meine Zeit einzuteilen und dabei zu bleiben, auch wenn gerade irgendwo ein Meteoriteneinschlag droht. Abzuschätzen, inwieweit wirklich Lebensgefahr besteht oder ob nur vermeintlich die Existenz bedroht ist. Kurz: meine Prioritäten ernst zu nehmen. Prio 1 gerade jetzt ist essen. Das Telefon darf ruhig weiter läuten. Ich rufe dann satt zurück.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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