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Können wir uns ändern? Und wenn ja, wie? Das ist eine Frage, auf die man kaum eine befriedigende Antwort bekommt. Wie funktioniert eigentlich Veränderung?

Unser emotionales Gehirn lernt von allein nicht um
Hat unser emotionales Gehirn mal eine Vermeidungsgewohnheit, lernt es leider nicht mehr von allein um. Denn es erlaubt uns nicht mehr in Bezug auf bestimmte Situationen eine gute Erfahrung zu machen. Entweder vermeiden wir die Situation ganz - oder unsere Erwartungshaltung läßt uns ständig Streit und Spannung im Urlaub erwarten. Und dadurch erzeugen wir beides geradezu. Unser emotionales Gehirn kann nicht erkennen,, daß der Urlaub mit dem jetzigen Partner vielleicht großartig wäre.
Im Gehirn ist Urlaub = Gefahr als fixes Konzept angelegt. Und zwar in Form eines neuronalen Musters im Gehirn. Kommt das Thema Urlaub auf - feuern verschiedene Neuronen im Gehirn gleichzeitig und bilden einen Schaltkreis. Je emotionaler die Erfahrung war und je öfter der Schaltkreis benutzt wird, desto stärker ist er ausgeprägt. Waren alle Urlaube in der Kindheit schrecklich, habe ich eine neuronale Autobahn im Hirn.
Diese emotionale Reaktion löst eine tiefsitzende Gewohnheit aus. Man nennt sie auch Beziehungsmuster. Die sind mit negativen Glaubenssätzen belegt. Und die können der tatsächlichen Erfahrung ziemlich im Weg stehen.

Die Möglichkeit zur Veränderung
Die Achtsamkeit hat einen eigenen Weg Gewohnheiten aufzulösen und durch neue zu ersetzen. In der Achtsamkeit können wir "bewusst" innehalten und mit einer Erfahrung sein ohne sie zu werten und ohne gleich handeln zu müssen.
Ich kann also bewusst wahrnehmen, "Urlaub löst bei mir immer diese Gefühle aus". Ohne daß ich deswegen gleich handeln muss. Ich kann bewusst wahrnehmen, daß ich gleichzeitig glaube, daß ich mit meinem Partner einen schönen Urlaub haben könnte.
Wenn ich mich dieser Erfahrung achtsam aussetze, wächst die Möglichkeit meines bewussten, denkenden Gehirns einer anderen Entscheidung zuzustimmen. Ich komme in eine reflektierte Haltung und bleibe nicht mehr allein in einer emotionalen Reaktion. In der reflektieren Haltung kann ich verstehen, daß es mir mit dem Thema Urlaub nicht gut geht. Wegen der Erfahrungen aus der Kindheit. Ich kann bewusst unterscheiden, daß mein Partner und ich anders in Beziehung sind als es meine Eltern waren.
Und so kann ich bewusst entscheiden mich der Erfahrung neu und möglichst ohne Vorurteile zu öffnen. In dem Wissen, daß meine Gefühle mir etwas anderes erzählen werden. Die ändern sich nicht einfach so, nur weil ich eine Entscheidung treffe oder einen Zusammenhang gesehen habe.
VeränderungMein emotionales Gehirn kann sich umbauen
Gelingt es mir, meinen Urlaub in diesem Bewusstsein anzugehen und erlebe ich dabei einen schönen Urlaub, passiert etwas Interessantes im emotionalen Gehirn. Es macht eine neue überraschende emotionale Erfahrung in Bezug auf Urlaub. Wenn diese emotionale Erfahrung gut ist, legt mein Gehirn einen neuen neuronalen Schaltkreis an, der Urlaub mit einer guten emotionalen Erfahrung verbindet.
Dieser Schaltkreis ist noch nicht so eine große Autobahn. Aber vielleicht schon ein kleiner Feldweg. Wiederhole ich positive Urlaubserfahrungen, wird der Feldweg zur Landstraße und wächst weiter. Und es kommt langsam zu einem Erleben in der Urlaubsplanung, wo beide Gefühle auftauchen können. Das wird sicher ganz schrecklich und das wird sicher ganz super.
Erlebe ich wiederholt einen schönen und harmonischen Urlaub, kann der neue Schaltkreis stärker werden als der alte. Dann baut sich der alte Schaltkreis ganz von allein ab. Mit dem Thema Urlaub ist keine Angst und keine Gefahr mehr verbunden.
Damit hat sich mein emotionales Gehirn umgebaut. Urlaub als etwas Schönes zu empfinden worauf ich mich freue, ist so zur neuen Gewohnheit geworden. Die alte Gewohnheit ist sozusagen gelöscht.
In der Hirnforschung nennt man diesen Prozess Neuroplastizität. Unser unbewusstes emotionales Gehirn kann sich jederzeit umprogrammieren. Aber es braucht dazu emotionale Erfahrungen, die es abspeichert.
Einfache Gedanken und rationale Erklärungen beeindrucken unser emotionales Gehirn nicht. So machen wir immer wieder die Erfahrung, daß wir schon lange wissen, wie es anders besser ginge. Aber es hilft nichts. Es führt nicht zu einem anderen emotionalen Erleben. Nur erlebte Erfahrung kann diese Muster ändern.

Unbewusstes durch Bewusstsein ergänzen
Gewohnheiten mithilfe von Achtsamkeit zu ändern ist ein bewusster Prozess. Ein Prozess, bei dem ich durch eine bewusste Haltung und bewusstes Handeln Platz für neues lernen im emotionalen Gehirn schaffe. Durch neue Erfahrungen kann mein emotionales Gehirn dann umlernen.
In dieser Haltung ist es wichtig, die vorhandenen Gefühle zu fühlen und anzuerkennen. Sie auch als wichtige Informationsgeber zu sehen. Aber die schnelle unbewusste emotionale Reaktion wird durch reflektiertes Handeln ergänzt.
Unsere ganze Persönlichkeit ist in gewisser Weise nichts weiter als eine Gewohnheit, die in unserem Gehirn in neuronalen Schaltkreisen angelegt ist. Durch Achtsamkeit läßt sich unsere Persönlichkeit überall dort erweitern, wo sie belastend eng geworden ist. Schritt für Schritt, Gewohnheit für Gewohnheit.
So ist nachhaltige Veränderung möglich und so wird Wachstum möglich. Beziehungsmuster, die uns mehr im Weg stehen, als daß sie uns dienen sind zu jeder Zeit unseres Lebens veränderbar.
Gelingt diese Veränderung, lerne ich Situationen und Menschen emotional anders zu begegnen. Und diese Erfahrung bringt mich immer ein Stück mehr in Beziehung.

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Dirk Meints

Dirk Meints

Wie funktioniert die Psyche des Menschen? Warum sind wir wie wir sind? Wie ist Veränderung möglich? Das sind meine ganz persönlichen Lebensfragen, denen ich schon immer auf der Spur bin. Heute arbeite ich als Achtsamkeitslehrer und Psychologischer Berater in Wien. Für die Klärung mein...
Kommentare  
# Olaf Rendler 2019-12-19 11:21
Überzeugend erklärt!
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