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Vor meinem Fenster wirbeln die Schneeflocken, die Äste des Kirschbaums zittern und von Sonne weit und breit keine Spur. Kein Wunder, dass ich immer noch im Süden hänge.

Vor Jahren hat mir meine Therapeutin die Diagnose „Anpassungsschwierigkeiten“ angeboten, falls ich mal eine brauchen sollte. Was zwar nie der Fall war, aber offensichtlich immer noch zutrifft. Damals waren es zwar andere Themen, die ich einfach „my way“ machen wollte und damit abseits des konventionellen Weges – doch mich und mein Leben an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen, fällt mir immer noch schwer. Irgendwie wundert mich das, denn immerhin sind schon zwei Wochen vergangen, seit ich den Äquator überschritten habe.

Zu meinem Unglück hat die gespeicherte südliche Wärme langsam den Puffer erkalten lassen, und mich bei Graden um den Nullpunkt in einer konstanten Wohlfühltemperatur zu halten, fällt mir schwer. Vor allem seit ich gelernt habe: Meine Körpertemperatur steigt selbst bei Sommerhitze nicht über 35,8 Grad. Eine Erkenntnis, die ich den Temperaturmessungen in Kapstadt zu verdanken habe. Ob ich das wissen muss, kann ich nicht sagen, aber interessant ist es schon für mich. Dabei kann ich mich noch glücklich schätzen: Meine Cousine in Kanada muss sich mit minus 27 Grad abplagen. Mit ihrem kleinen Hund Gassi zu gehen, ist eine Sekundenangelegenheit.

Was die Anpassung auch schwierig macht, ist die Beobachtung, dass ich nur schwer in meinen Arbeitsflow komme. Zumindest in jenen, den ich im letzten Jahr aufgebaut hatte. Der ließ sich nur stoppen durch Ereignisse, die mir das Universum zwischen die Füße geschoben hat, damit ich nicht ins Stolpern komme. Es war herrlich auf eine Art und Weise, und wenn ich mir mein Visionboard anschaue, das ich zu Silvester gemacht habe, erinnert es mich tagtäglich daran, wie bunt mein Leben war und wie ich es mir für 2022 wünsche. Zur Erklärung: Auf ein Visionboard klebt, malt, schreibt man alles, was man sich für die Zukunft manifestieren will. Mein Ex und ich haben dafür zahlreiche alte Magazine zerschnippelt. Auf seinem ist ein Foto gelandet, was bedeutet, dass sein Fokus sehr viel schärfer war als meiner. Denn auf meinem Visionboard tummeln sich ein Kamel, Schmetterlinge, Buddhas und Sprüche. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich das Leben von der Fülle her denke und nicht vom Mangel aus.

Zeit

Jetzt bin ich mit einer anderen Art von Fülle aus Südafrika zurückgekommen und habe Probleme, beides miteinander zu vereinen. Wobei „Probleme“ etwas zu hoch gegriffen ist, aber schwierig erscheint es mir schon. Und das hat vor allem damit zu tun, dass ich ja gerne Neues mit Bewährtem verbinde. Wie sonst soll man den Fortschritt gestalten? Was mir beispielsweise ziemlich gut gelingt, ist, dass ich früher ins Bett gehe, wenn auch ohne den Blick auf den glasklaren Sternenhimmel im Beach House. Jetzt erkenne ich im Gegenlicht der Straßenlaterne, ob es gerade regnet oder schneit, was es mir umso leichter macht, mit Katze und Wärmflasche unter der Decke zu verschwinden.

Schwieriger wird es, wenn es wichtig geworden ist, einen zusätzlichen Kontakt intensiv zu pflegen. Und schwierig ist es vor allem deshalb, weil ich merke, wie sehr mich manches triggert. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich etwas Derartiges versuche. Und das ist ein absolutes Wunder, weil ich mir ja vorgenommen hatte, Experimente zu unterlassen. Vor allem solche, die mich in meiner emotionalen Substanz angreifen könnten. Jetzt kann von Angriff aktuell keine Rede sein, doch ich wittere hin und wieder einen. Und dann schnackelt es bei mir gewaltig. Gestern bin ich mitten in der Nacht spazieren gegangen, weil ich dringend frische Luft brauchte, um mich wieder zu spüren. Und am Ende war alles gut, kalmiert und in Frieden. Zu lernen, dass man in einem Menschen nicht die Summe der Erfahrungen, sondern eben nur diesen einen Menschen wahrzunehmen hat, kann ganz schön herausfordernd sein.

Und so versuche ich wieder einmal, einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Die Arbeit zu bewältigen und den Rest ebenfalls. Was ein bisschen schwierig werden könnte, ist die frühe Schlafenszeit, denn kann man mehr in weniger Zeit bewältigen? Diesen Spagat versuche ich gerade. Und nach weiteren zwei Wochen weiß ich bestimmt mehr, weil ich eine Vorgangsweise gefunden haben werde, die allen, allem und vor allem mir gerecht wird.

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Bilder © Pixabay

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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