Die Fähigkeit, sich konstruktiv zu streiten, ist ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit und das Wohlbefinden in einer Beziehung. Paare können destruktive Streitmuster durchbrechen und einen aufbauenden Umgang miteinander entwickeln.
Konflikte in Partnerschaften sind unvermeidlich. Interessant dabei ist, dass sich Streitigkeiten bei unglücklichen Paaren um die gleichen Themen drehen wie bei Paaren in glücklichen Beziehungen.
Auch die Häufigkeit der Auseinandersetzungen unterscheidet sich nicht. Was den großen Unterschied ausmacht, ist die Art und Weise, wie Konflikte ausgetragen werden.
Streit, als negativ besetztes Wort, löst in uns eine Vorstellung von brodelnden Emotionen, hitzigen Diskussionen und lauten Worten aus. In einer Beziehung treffen zwei Menschen mit all ihren Empfindungen, Emotionen und Erfahrungen der Vergangenheit aufeinander. Darauf basierend entwickeln sie ihre eigene Dynamik des Streiten. Diese kann entweder zu einer Verschlechterung oder, im günstigeren Fall, zu einer Verbesserung der Beziehungsqualität beitragen.Deshalb sollte sich ein Paar nicht die Frage stellen, wie Streit vermieden werden kann, sondern wie es gelingt, aus destruktiven Streitmustern auszubrechen. So kann eine Basis geschaffen werden, auf der Konfliktgespräche respektvoll und wertschätzend stattfinden können. Bevor es daran geht, die Dynamik des Streiten aktiv zu verbessern, ist es wichtig, sich sowohl als Einzelperson als auch als Paar die Muster und Verhaltensweisen bewusst zu machen. Dabei hilft es, zu reflektieren und sich selbst die Fragen zu stellen: Welches Ziel verfolge ich eigentlich mit diesem Streit? Möchte ich meinen Standpunkt vertreten, eine Lösung für ein Problem finden oder einfach nur meine Wut loswerden?
Kann man lernen, besser zu streiten?
Um Konfliktgespräche wertschätzend zu führen und trotz verschiedener Meinungen achtsam miteinander umzugehen, gibt es unterschiedliche Strategien. Das Ziel ist, verständnisorientierte Gespräche zu führen. Ein kleiner Tipp mit großer Wirkung für so manches Paar, ist die sogenannte VW-Regel aus der Kommunikationspsychologie. Diese rät dazu, einen Vorwurf in einen Wunsch umzuformulieren. So könnte z. B. ein „Immer lässt du deine dreckigen Socken am Boden liegen“ umformuliert werden in ein „Ich wünsche mir, dass du die Socken, wenn du sie ausziehst, gleich in den Wäschekorb wirfst“.
Vorwürfe vermeiden
Wörter wie „immer“, „nie“, „ständig“ und andere Verallgemeinerungen führen in eine Sackgasse. Dann findet man keine Lösungen mehr, und es entsteht eine Dynamik aus Angriff und Rechtfertigung. Konstruktiver ist es, sich auf konkrete Situationen zu beziehen und dabei Person von Verhalten zu trennen.
Diese Änderungen des Gesprächsmusters beinhalten als weitere positive Begleiterscheinung eine Sprache in der „Ich-Form“. Das Vermeiden von Vorwürfen und „Du-Botschaften“ ist eine einfache und wirkungsvolle Kommunikationstechnik, die es möglich macht, dem anderen trotz Unstimmigkeit mit Achtsamkeit und Verständnis zu begegnen.
Viele Paare sprechen erst dann über ihre Beziehung, wenn Schwierigkeiten auftauchen oder ein Thema, das vielleicht erst klein war, sehr groß geworden ist und immer mehr zur Belastung wird. So gilt auch für Partnerschaften: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Es ist sinnvoll, sich regelmäßig Zeit für einen Beziehungs-Check zu nehmen, um das Miteinander zu reflektieren und sich darüber auszutauschen, was gut läuft und wo Änderungsbedarf besteht.
Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung № 125: „Geist & Gehirn"
Prävention statt Eskalation
So können eventuelle blinde Flecken frühzeitig aufgedeckt werden. Im Zuge dessen empfiehlt es sich auch, gemeinsam zu überlegen, wie es gelingen kann, in Ruhe über schwierige Themen zu sprechen. Im besten Fall sogar herauszufinden, wie man sich in Konfliktsituationen gegenseitig unterstützen kann.
Die Entwicklung einer konstruktiven Streitkultur kann als Chance gesehen werden, die Beziehung zu stärken und zu vertiefen. Indem sich Paare aktiv mit ihren Streitmustern auseinandersetzen und förderliche Gesprächstechniken erlernen, können sie ihre Kommunikation und somit auch die Qualität ihrer Beziehung verbessern.
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