Kürzlich veröffentlichte Joah McGee, dem Gründer der e-zines "Insight Myanmar" und "betterburma.org" einen offenen Brief an die buddhistische Community zu der Frage, ob man weiterhin gefahrlos nach Myanmar reisen kann, um dort zu meditieren.
Myanmar gilt als der Hotspot, wenn man Vipassana erlernen oder seine Kenntnisse in dieser Meditationsform erweitern möchte.
Vor dem Militärputsch in Myanmar erhielt ich häufig Nachrichten von ausländischen Meditierenden, die sich erkundigten, wo sie praktizieren und ordinieren könnten und wie sie Pilgerreisen organisieren könnten.
Sie wandten sich an mich, weil mein Name aufgrund meines langjährigen Engagements im Land und der meditationsbezogenen Projekte, die ich dort durchgeführt hatte, bekannt geworden war. Ich weiß zwar nicht mehr genau, wie viele Ausländer mich irgendwann einmal um Hilfe gebeten haben, aber ich wette, es sind mehrere Hundert.
Ich erhalte auch weiterhin Nachrichten von Menschen, die nach Myanmar reisen wollen, um dort zu meditieren, und die mich entweder nach meiner Meinung über die Sicherheit oder die ethische Vertretbarkeit einer solchen Reise fragen... oder die einfach Hilfe bei der Planung einer Reise wünschen, die zu unternehmen sie bereits beschlossen haben. Da diese Anfragen immer häufiger in meinem Posteingang landen, poste ich dies als offenen Brief an alle, die derzeit eine Reise nach Myanmar in Erwägung ziehen.
"Lieber Mit-Meditierender,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihren Wunsch, nach Myanmar zu reisen, um dort zu meditieren und vielleicht in einem Kloster zu leben, kann ich gut verstehen. Dies war auch der Grund, weshalb ich zum ersten Mal das Land besucht und schließlich fast 15 Jahre dort gelebt habe. Auch dass ich so viel Zeit damit verbracht habe, ausländische Praktizierende dabei zu unterstützen, leichteren Zugang zu den spirituellen Reichtümern des Landes zu erhalten. Trotzdem möchte ich Ihnen dringend raten, jetzt nicht nach Myanmar zu reisen. Ich würde Ihnen sogar dringend raten, eine Reise dorthin unter allen Umständen zu vermeiden.
Ich sage dies aus mehreren Gründen.
Zunächst muss man wissen, dass die Krise und die humanitäre Katastrophe in Myanmar noch immer fortbestehen. Einige Leute haben mich gefragt, ob man den Medien vertrauen kann, ob es wirklich so schlimm ist, wie sie sagen. Meine Antwort lautet: 'Es ist noch viel schlimmer als alle Berichte, die Sie gesehen haben! Durch den Konflikt wurden über zwei Millionen Menschen vertrieben. Sie wissen nicht, wann sie jemals wieder nach Hause zurückkehren können, wie auf einer kürzlich von Insight Myanmar veranstalteten Podiumsdiskussion diskutiert wurde. Das Militär verhaftet und tötet ungestraft, doch das burmesische Volk leistet weiterhin tapferen Widerstand für eine bessere Zukunft, nach der es sich sehnt.
An erster Stelle steht die Frage nach Ihrer eigenen Sicherheit. In Anbetracht der aktuellen Lage unterliegt jeder, der behauptet, dass man einem Plan oder einer Reiseroute folgen könne, die ein gewisses Maß an Sicherheit gewährleistet, entweder einer Wahnvorstellung oder ist grob falsch informiert. Es mag zwar stimmen, dass es in einigen Teilen des Landes mehr Konflikte gibt als in anderen, aber willkürliche Gewalt kann überall aufflammen, und das häufig ohne Vorwarnung. Ähnlich falsch informiert ist jeder, der behauptet, dass in einem Kloster zu meditieren eine Art Schutz darstellt. Klöster wurden wiederholt bombardiert, geplündert und als Militärstützpunkte missbraucht. Selbst stille Meditationsklausuren wurden zeitweise angegriffen, wie Kyun Pin Sayadaw kürzlich in einem Podcast beschrieb. Er sprach darin auch von Kugeln, die durch Meditationskutis flogen, und von Soldaten, die die Dhamma-Halle stürmten!
Zweitens ist nicht nur Ihre eigene Sicherheit gefährdet, sondern auch die all derjenigen, mit denen Sie zu tun haben. Selbst burmesische Menschen, die Sie zufällig oder kurz treffen - ganz zu schweigen von denen, die Ihnen in irgendeiner Weise helfen - könnten sehr wahrscheinlich von den örtlichen Behörden verdächtigt werden und mit schlimmen Konsequenzen rechnen... von denen Sie wahrscheinlich nie erfahren werden und die Sie in keinem Fall verhindern können. Jeder spirituelle Nutzen, den Sie aus der Meditation dort ziehen könnten, würde zunichte gemacht, wenn jemand nur wegen Ihrer Anwesenheit dort leiden würde, vor allem jetzt, da Sie sich des damit verbundenen Risikos bewusst sind.
Drittens ist die Wirtschaft Myanmars so gut wie zusammengebrochen; im ganzen Land herrscht ein Mangel an Lebensmitteln und Wasser. Der humanitäre Zweig unserer gemeinnützigen Organisation, Better Burma, hat aktiv Reisspenden an Mönche und Nonnen unterstützt, vor allem in lokalen Gemeinschaften, die nicht mehr in der Lage sind, diese und andere lebensnotwendige Güter zu beschaffen. Ausländer, die sich im Land aufhalten wollen, würden den Burmesen, die kaum oder gar nicht in der Lage sind, über die Runden zu kommen, wertvolle Ressourcen entziehen. Ihr Gastgeber würde dies jedoch wahrscheinlich nie zugeben, da die Burmesen sehr großzügig sind und sich nicht so schnell beschweren, selbst wenn sie in Not sind, und vor allem, wenn sie spirituelle Bemühungen unterstützen. Sie würden also das Beste von dem bekommen, was sie haben, und das in einer Zeit, in der kaum genug für alle da ist.
Schließlich wird ein Besuch jetzt, ungeachtet der eigenen Absichten, nur dazu dienen, ein mörderisches Regime zu legitimieren. Die Junta hofft in der Tat, dass mehr ausländische Reisende das Land besuchen, denn eine größere Zahl ausländischer Besucher würde dem Regime nicht nur den Anschein von Normalität verleihen, sondern auch Geld in die Kassen spülen. Auf höchster Ebene wurde sogar versucht, ausländische Mönche dazu zu bringen, an den Einweihungszeremonien neuer Pagoden und Buddha-Bilder teilzunehmen.
Dennoch insistieren einige Meditierende darauf, dass sie ihre Reise "aus rein spirituellen und nicht aus politischen Gründen“ machen wollen, oder versuchen mir zu versichern, dass sie schon dafür sorgen können, dass ihr Geld nur Menschen und Unternehmen vor Ort zugutekommt. Aber es tut mir leid, das ist, wieder einmal, verblendet, ahnungslos, ein wissentliches Verschließen der Augen vor der Realität dort... oder einfach magisches Denken. Reisen nach Myanmar sind zu dieser Zeit, aus welchen Gründen auch immer, per Definition politisch, ob man es will oder nicht.
Ich gebe zu, dass dies vielleicht nicht die Antwort ist, die Sie sich erhofft haben, und ich bedaure zutiefst, dass ich sie geben muss, denn ich finde es wirklich tragisch, dass das Goldene Land nicht in der Lage ist, seine spirituelle Weisheit wie früher zu teilen; hoffentlich wird sich diese Gelegenheit eines Tages wieder bieten. Aber bis dahin empfehle ich dringend, dass kein ausländischer Reisender oder Meditierender Myanmar besuchen sollte.
Wenn Sie die Lehren der Befreiung wirklich schätzen und für die burmesischen Lehrer oder Traditionen, die sie vermittelt haben, dankbar sind, möchte ich Sie ermutigen, die vielen positiven Möglichkeiten zu erkunden, wie Sie Ihre Dankbarkeit in der Zwischenzeit zeigen können. Eine Möglichkeit ist, informiert zu bleiben. Das können Sie, indem Sie sich über die Situation informieren oder unsere Podcast-Folgen anhören. Wenn Sie burmesische Freunde oder Bekannte haben, sollten Sie sie wissen lassen, dass Sie mit ihnen Seite an Seite stehen. Wenn Sie etwas mehr Zeit haben, könnten Sie erwägen, ehrenamtlich bei einer lokalen Organisation oder bei uns mitzuarbeiten! Oder informieren Sie selbst ihren Bekanntenkreis, schreiben Sie Artikel in der Nachbarschaftszeitung, posten Sie etwas online oder wenden Sie sich an Ihren örtlichen Abgeordneten. Und schließlich können Sie überlegen, Organisationen, die das burmesische Volk unterstützen, oder auch uns, eine Spende zukommen zu lassen.
Es ist erschütternd, dass ein Ort, der die Heimat einiger der größten Weisheiten war, die die Welt je gekannt hat, derzeit nicht in der Lage ist, spirituelle Aspiranten so bedingungslos willkommen zu heißen, wie es einst der Fall war. Wir alle hoffen zutiefst, dass die derzeitige dunkle Periode, in der wir uns befinden, bald vorbei sein wird und dass die Burmesen im ganzen Land frei, gesund und sicher sein können. Wir hoffen, dass die Burmesen in der Diaspora endlich nach Hause zurückkehren können, und wir wünschen uns, dass Meditierende und Mönche aus der ganzen Welt anreisen können, um wieder eine lebensverändernde Praxis zu finden, die von der warmen Großzügigkeit des Goldenen Landes inspiriert ist."
Der Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt und erschien zuerst hier.
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