Ich wäre zu offen, würde zu viele private Dinge erzählen und überhaupt – was sollen denn die Leute denken? Immer wieder höre ich das, und immer wieder sage ich: Nur wer teilt, ist nicht alleine.
Bei meiner letzten Festanstellung vor fast 20 Jahren machte ich die Erfahrung, dass Menschen nicht nur freundliche Nasenlöcher machen, sondern daraus auch Feuergranaten abschießen können. Die Details erspare ich Ihnen, aber nicht das Faktum, dass ich danach wirklich misanthrop war. Tief verletzt durch das erfahrene Mobbing habe ich mich eingesperrt, wenig soziale Kontakte gepflegt und von denen noch welche verloren, weil eingesperrt. Bis zum heutigen Tag verstehe ich nicht, wie man Freundlichkeit mit Grobheit vergelten kann. Doch das ist eine andere Geschichte.
Der Punkt ist, dass ich damals die Erfahrung gemacht habe, dass ich dieses Eingesperrtsein in Angst vor Enttäuschungen nicht aushalte. Misstrauen gegenüber Menschen nicht aushalte. Denn wenn ich es mir versage, im Anderen das Positive zu sehen, hat für mich das Dasein wenig bis gar keinen Sinn. Dann fühle ich mich von allen Seiten bedroht, was mich wiederum stresst und mir die Gelegenheit nimmt, Verbindung zu Menschen aufzubauen. Und genau darum geht es für mich in dieser Welt.
Wohin uns das ‚jeder gegen jeden‘ führt, hören wir in den Nachrichten. Und wenn ein ausländisches Staatsoberhaupt in der Stadt ist, darf man nicht einmal über eine rote Ampel radeln, ohne an der Gurgel gepackt zu werden. In einem Interview, das ich zum Thema Frieden in dieser Woche geführt habe, sagt mein Ansprechpartner ganz deutlich „Wir brauchen eine gesunde Form der Konfliktbereitschaft“ und meint, dass wir lernen müssen, Meinungen zu vertreten UND gelten zu lassen. Einen Radfahrer vom Gefährt herunter zu fangen, dürfte dieser Vorstellung widersprechen. Und auch meiner Meinung von zwischenmenschlichem Umgang. Klar, viele sind traumatisiert durch terroristische Umtriebe, doch dadurch den Normalo am Leben zu hindern, scheint mir der falsche Weg. Der richtige ist für mich, Verbindung zu schaffen. Denn Verbindung schafft Verständnis. Und Verständnis schafft Entschärfung. Von Konflikten und Emotionen.
Wenn ich also durch diese Welt wandle und jeden Menschen, der mit mir den Gehsteig teilt, als Feind begreife, vergeht mir das Leben. Nennen Sie mich ruhig eine Eskapistin, schließlich ist mein Dasein reich an Eskapaden. Und gerade weil einige davon nicht wirklich gut ausgegangen sind, scheint es mir umso wichtiger, den Optimismus zu behalten. Ich mag mich nicht ergeben in die Lehren, die ich eigentlich ziehen sollte aus dem, was mir an Negativem zustößt. Denn das würde bedeuten, dass ich gerade im Umgang mit Menschen dieselben über einen Kamm schere. Habe ich beispielsweise mit Mann X eine schlechte Erfahrung gemacht, bedeutet das doch nicht automatisch, dass auch Mann Y furchtbar sein muss. Meine Oma war zwar dieser Meinung, aber alles von ihr hat sich in mir doch nicht manifestiert.
Vor einiger Zeit hat mir eine Literaturagentin geraten, aus meinen Blogbeiträgen ein Ratgeberbuch zu machen. Nach einigem Überlegen habe ich abgewunken. Denn was für mich richtig ist, muss für jemand anderen noch lange nicht funktionieren. Doch ich bin der Meinung, dass Offenheit belohnt wird. Schon alleine dann, wenn irgendwo eine Leserin, ein Leser sitzt, die/der sich plötzlich nicht mehr alleine fühlt. Weil er Ähnliches erlebt hat wie ich. Weil er sich ähnlich fühlt wie ich. Weil er die Welt ähnlich empfindet. Und deshalb ein bisschen zufriedener, weil weniger einsam ist. Deshalb werde ich selbst ein Blogbuch machen. Damit noch mehr Menschen Verbindungen schaffen können – und dazu ermutigt werden. Verschlossen sind eh viel zu viele. Lassen Sie uns also die Tore öffnen und teilen!