Im Artikel von Hans-Günther Wagner „ Vielfalt oder Dogmen “ in der Ausgabe №. 116: „Leben, lieben, lachen" steckt jenseits der teils scharfen Formulierungen und mancher Ungenauigkeiten viel Wahrheit. Der säkulare Buddhismus ist für mich ohne Zweifel eine nicht zu ignorierende Erscheinungsform des heutigen westlichen Buddhismus.
Das ist nicht weiter verwunderlich, denn seit seiner Ankunft im Westen ist der Dharma, die Lehre Buddhas, nicht nur als Religion wahrgenommen worden, sondern ebenfalls als Philosophie.
Der Religionswissenschaftler und Zenlehrer Dr. Michael von Brück schrieb dazu: „Im 19. Jahrhundert […] trat der Buddhismus zunächst einmal als Philosophie auf, wurde als Philosophie rezipiert. Und war gerade als Gegenmodell zur christlichen Ritualistik und zur christlichen Religionskultur, was eine befreiende Funktion hatte. Das Christentum wurde als zerstritten, konfessionell rechthaberisch, in Mythen und Aberglauben befangen angeschaut, mit all seinen wunderlichen Geschichten von der Jungfrauengeburt bis zur leiblichen Auferstehung der Maria oder dergleichen. Wogegen der Buddhismus doch so rational war. Man las die entsprechenden Schriften aus dem Pali-Kanon und die buddhistische Logik. Bis hin ins marxistisch-leninistische Russland konnte der Buddhismus reüssieren. Lenin selbst stellte sicher, dass Papier für die Auflage von Stcherbatskys ‚Buddhist Logic‘ zur Verfügung gestellt wurde, weil hier doch endlich mal eine Religion auftrat, die keine Religion, sondern rationale Philosophie sei […].“
Es gab im Westen also von Anfang an eine Art Dualität der Erscheinungsformen des Dharma. Auf dieser Grundlage einen säkularen Buddhismus zu entwickeln, ist also weder abwegig noch illegitim. Was spricht dann gegen die Aufnahme von säkularen Buddhisten und ihren Organisationen in die DBU, die Deutsche Buddhistische Union?
Aus meiner Sicht sind Faktoren wie Wissen, Vertrauen und Respekt entscheidend. Dies sind die Voraussetzungen, die es den vielen Menschen und Gruppen in der DBU ermöglichen, sich kennenzulernen, gemeinsam zu handeln und sich in aller Unterschiedlichkeit zu respektieren.
Wie definiert sich der säkulare Buddhismus?
Wie sich der säkulare Buddhismus definiert, ist unter den meisten Buddhisten weitgehend unklar. Säkulare haben wahrscheinlich ebenfalls wenige Kenntnisse zum Beispiel über die Vajrayana- oder Dzogchen-Praxis. Nur ein Austausch kann zu geteilter Kenntnis und Vertrauensbildung führen. Das geht vermutlich nur über Dialogveranstaltungen und gemeinsame Projekte.
Am Ende des Kennenlernprozesses sollte trotz teils sich widersprechender Konzepte gegenseitiger Respekt stehen. Es sind die Unterschiede, die die Vielgestaltigkeit und die Tiefe des Dharma hervorbringen. Die Vielfalt der buddhistischen Traditionen und auch neuer Formen stellt einen großen Reichtum dar, ohne den die Entwicklung eines lebendigen und kraftvollen Buddhismus im Westen nicht gelingen kann.
Hierzu ein paar treffende Worte von Stephen Batchelor zum Buddhismus im Westen: „Als kleine und verletzbare Gemeinschaft müssen wir dringend enger zusammenarbeiten und nicht in historisch sektiererischen Rivalitäten stecken bleiben. Wenn ich verschiedene buddhistische Gruppen in Europa treffe, finde ich es entmutigend, festzustellen, wie wenig sie jeweils von anderen buddhistischen Bewegungen außer der eigenen wissen und noch nicht einmal interessiert sind, mehr zu erfahren […]. Damit der Buddhismus in Europa mit einer unverkennbaren und vitalen Stimme auftreten kann, müssen Buddhisten mehr Gespräche miteinander führen und sich für und im Dialog mit der weiteren nicht-buddhistischen Welt engagieren […]. Zur selben Zeit müssen wir die Themen und Konflikte in unserer eigenen Gemeinschaft ansprechen: die Rolle der Laien und der Frauen im Buddhismus, die Frage, worin spirituelle Autorität liegt, die Unterscheidung zwischen Dharma und asiatischer Kultur und wie wir trotz dogmatischer Unterschiede, die uns oft voneinander trennen, zusammenleben können […].“
Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Worte exakt das wiedergeben, was eine große Mehrheit in der DBU über diese Thematik denkt. Wenn wir aufeinander zugehen und uns kennenlernen, wird sich Vertrauen und Respekt bilden. Diese stellen dann das Fundament für eine allseits bereichernde Zusammenarbeit in der DBU dar.
Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 116: „Leben, lieben, lachen"
Der erste konkrete Schritt in diesem Dialog sollte eine verbale Abrüstung sein. Vajrayana-Praktizierende mehr oder weniger pauschal mit der Duldung oder gar Förderung von Missbrauch oder der Anstachelung ethnischer Konflikte in Zusammenhang zu bringen, ist kein Beispiel achtsamer Rede. Ebenso halte ich es für nicht angemessen, wenn den Säkularen von deren Gegnern abgesprochen wird, sich Buddhisten nennen zu dürfen. Hier tut sich ein weites Übungsfeld auf, um Achtsamkeit, Toleranz und Wertschätzung zu kultivieren. Genau wie Stephen Batchelor das in seinem Statement angeregt hat.
Und dieser Prozess sollte nicht nur auf die DBU und die Säkularen begrenzt bleiben. Auch mit anderen Nicht-DBU-Gemeinschaften – insbesondere asiatischen – sollten wir meines Erachtens ebenfalls mehr in den Dialog treten, damit der blühende Baum der Vielfalt gedeiht und wächst.
Nils Clausen ist traditionsübergreifender Buddhist und Vorsitzender der Deutschen Buddhistischen Union.
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-auf transzendente ( jenseitige oder metaphysische ) Glaubensinhalte verzichtet wird.
-er auf Dogmen verzichtet, also Inhalte, die es zu glauben gilt
-es deshalb auch keines Lehrer bedarf, dem besondere Egenschaften innewohnen ( z.B.
Erleuchtung.)
-es keine Lehrer-SchülerInnen-Hierarchie oder eine Mönch/Nonnen-Laien-Hierachie gibt
-er keinen Mönchs/Nonnen-Orden hat.
Säkularer Buddhismus ist ein gut zu praktizierender Weg in der gegenwärtigen Lebens-realität und Zukunft.
Meditation, Achtsamkeit und den mittleren Lebensweg zu praktizieren, sind für säkulare
Buddhisten eine hilfreiche Möglichkeit, weniger Leiden für sich selbst und andere zu verursachen.
Mit freundlichen, aberglaubensfreien, heilsamen, buddhistischen Grüßen
Uwe Meisenbacher